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Bankaufsichtsrecht: Welche bankaufsichtsrechtliche Genehmigung der BaFin benötigt eine Online Handelsplattform?

Als am 3. September 1995 die heute größte Internet-Handelsplattform eBay unter dem damaligen Namen „AuctionWeb“ an den Start ging, wurde eine uralte Idee mit moderner Datenkommunikation verknüpft: Von der Sache her ist eBay nichts weiter, als ein Marktplatz zum Kaufen und Verkaufen von Waren oder Dienstleistungen. Die Neuerung bestand lediglich darin, dass die Handelsaktivität nicht mehr auf einem realen Marktplatz oder im Ladengeschäft, sondern virtuell über Datenkommunikation ggf. vom Wohnzimmer des Verkäufers und vom Wohnzimmer des Käufers stattfindet. Solche eCommerce-Plattformen, von denen es heute zahlreiche gibt, bilden insofern die Möglichkeit einer zügigen Abwicklung von Kauf- oder Dienstleistungsverträgen auch über große Entfernungen hinweg und haben den Markt rasant verändert. Der Antiquariatsbuchmarkt hat sich verändert, seitdem man im Zentralen Verzeichnis antiquarischer Bücher (ZVAB) jedes Buch der teilnehmenden Antiquariate verzugslos und von jedem Ort aus mit Internetzugang recherchieren und kaufen kann. Der Zeitungsmarkt hat sich verändert, seitdem der Kauf einer Zeitung in Papierform nicht zwingende Voraussetzung der Lektüre mehr ist. Der Gebrauchtwagenmarkt hat sich verändert, seitdem es speziell hierfür vorgesehen Online-Marktplätze gibt u. s. w. Nun droht besonders den kleineren eCommerce-Handelsplattformen Ungemach. Nach einem Urteil des Landgerichtes Köln betreiben solche eCommerce-Verkaufsplattform in bestimmten Konstellationen ein erlaubnispflichtiges Zahlungsdienstgeschäft, welches der Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bedarf. Nicht jeder Plattform-Betreiber hat daran gedacht. ilex Rechtsanwälte schildert die Hintergründe.

Überblick:

Woran stößt sich das Landgericht Köln?

Eine typische Online Handelsplattform betreibt eine Form der Geschäftsvermittlung, denn sie bringt Verkäufer und Käufer bzw. Dienstleister und Dienstleistungsnehmer zusammen. Als weiterer Service werden, je nach Ausgestaltung, über die Plattform ggf. auch Zahlungsmodalitäten abgewickelt. Teilweise fungiert der Plattformanbieter dann gesondert als eine „Zahlstelle“; etwa dann, wenn der Käufer oder Dienstleistungsnehmer den Kaufpreis nicht direkt auf ein Konto des Verkäufers bzw. des Dienstleisters zahlt, sondern ein Konto des dazwischengeschalteten Plattformbetreibers genutzt wird. Ggf. werden im Rahmen dieser Tätigkeiten des Handelsplattform-Betreibers die Vermittlungsprovisionen des Plattformbetreibers gleich mit eingezogen und einbehalten. Diese Form stellt nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstaufsichtsgesetz, kurz: ZAG) einen Zahlungsdienst dar. Hierzu benötigt der Plattformbetreiber eine vorherige Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: BAFin).

Was droht bei nichtvorhandener Erlaubnis?

Wer über keine Erlaubnis zum Betreiben von Zahlungsdiensten verfügt, darf diese nicht ausführen. Es drohen Ordnungsgelder und Freiheitsstrafen.

Wer ist nicht betroffen?

Nicht betroffen sind diejenigen Handelsplattformen, die selbst keine Zahlungen ihrer Kunden abwickeln, sondern es dem Kunden überlassen, wie er seinen Verkäufer oder Dienstleister zum vereinbarten Preis direkt bezahlt, der über die Plattform vermittelt wurde. Diese erbringen naturgemäß auch keine Zahlungsdienste. Bei allen anderen kommt es darauf an. Das ZAG beschreibt einerseits das Vorliegen von Zahlungsdiensten, enthält aber auch eine Reihe von Ausnahmen bereit. Der „Teufel“ steckt buchstäblich im Detail.

Warum taucht dieses Problem heute auf?

Die fortschreitende Digitalsierung hat den Markt für Verkaufsaktivitäten und für Handelsplattformen im Internet in den vergangenen 20 Jahren rasant verändert. Die realen und klassischen Marktplätze mussten Marktanteile an die Marktplätze des Internets frei räumen. Dieses Phänomen durchdringt so gut wie alle Marktsegmente, die sich für den Online-Handel eignen. Die Krise der Printmedien (Zeitungswirtschaft) ist letztendlich ein Ausläufer dieses Phänomens. Viele Handelsplattformen, von den es zahlreiche gibt und die sich teilweise auf den Online-Handel mit bestimmten Produkten oder eine bestimmte Dienstleistung spezialisiert haben, sind deshalb erst vor wenigen Jahren bzw. vor weniger als einem Jahrzehnt entstanden. Genau wie eBay im Jahre 1995 starteten zahlreiche Internet-Unternehmen als klassische start-up-Unternehmen. Die Online-Handelsplattformen entstanden aufgrund einer kreativen Idee kreativer Menschen, die eine Nische zu einem Produkt ausbauen wollten. Nicht immer ist bei einem innovativen start-up-Unternehmen die Sensibilität für die Vielzahl an Rechtsregeln und Haftungsfallen und für eine durchaus komplizierte Rechtsmaterie schon zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit vorhanden. Auch ein Unternehmen entwickelt sich und die Existenz einer eigenen Rechtsabteilung steht regelmäßig nicht am Anfang einer Unternehmensgeschichte, sondern die kreative Idee. Das Recht wirkt hier oftmals als Bremse. Gleichwohl ist es wichtig, dass Unternehmen Dinge, die im Starteifer vielleicht übersehen wurden, möglichst zügig korrigieren. Die Sanktionsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde sind jedenfalls enorm und bilden eine erhebliche Haftungsfalle.

Ist das Outsourcing der Zahlungsdienstleistung eine Alternative?

Mit dem „Outsourcing der Zahlungsdienstleistung“ schaltet der Handelsplattform-Betreiber einen Dienstleister dazwischen, der über die erforderlichen behördlichen Genehmigungen bereits verfügt; etwa das Unternehmen eBay mit Hilfe Ihrer Tochtergesellschaft PayPal. Doch die Erfahrung zeigt, dass dies für Plattform-Betreiber eine sorgfältige Prüfung voraussetzt, ob das Outsourcing wirklich zur gewünschten Endhaftung führt. Zum Teil wird die Bezahlvariante PayPal nämlich nur als eine Bezahlmöglichkeit von vielen angeboten, da man dem Kunden aus wirtschaftlichen Gründen die Freiheit lassen möchte, ob er mit EC-Karte, Kreditkarte, per Überweisung, mit PayPal oder mit anderen, denkbaren Zahlungsmöglichkeiten bezahlen möchte. Insofern wäre es in solchen Konstellationen wichtig, einen Zahlungsdienstleister zu nutzen, der das komplette und gewünschte Leistungsspektrum an Zahlungsmodalitäten bereithält. Hinzu kommen weitere Rechtsfragen, die im Vorfeld unbedingt abzuklären sind und die erst bei vollständiger Prüfung zu einer wohlwollenden rechtlichen Begutachtung führen werden.

Was ist zu tun?

Der Berater muss das Geschäftsmodell des Handelsplattformbetreibers in allen seinen Besonderheiten durchdrungen und verstanden haben, bevor er eine rechtliche Einschätzung darüber abgibt, ob seitens der Handelsplattformbetreiber Veränderungs- bzw. Anpassungsbedarf an die geltende Rechtslage besteht. Dies ist ohne eine individuelle Ermittlung des konkreten Geschäftskonzeptes und eine darauf abgestimmte individuelle Beratung nicht zu leisten, so dass sich generalisierende Aussagen verbieten.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
Internet: ilex-bankrecht.de

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