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Der Stand der Rechtsprechung zu den Zinscap-Prämien

In der bankrechtlichen Fachöffentlichkeit erhielten die sogenannten Zinssicherungsgebühren oder „Zinscap“-Prämien bislang kaum die Ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Obwohl sie von der Jurisprudenz weitgehend unbeachtet bleiben, ist ihre wirtschaftliche Bedeutung vor allen bei den Kreditverträgen im Bereich der medizinischen Berufe nicht zu unterschätzen. Nicht selten ist die Erhebung von Zinssicherungsgebühren aufgrund der konkreten Vertragsformulierung gar nicht zulässig und, anders als bei den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unzulässigen Bearbeitungsgebühren, kommen bei den Zinscap-Prämien schnell rückforderbare Beträge im fünfstelligen Bereich zusammen. Teilweise können diese Rückforderungsansprüche auch im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen.

Überblick

  • Was ist eine „Zinscap“-Prämie?
  • Was spricht für die Wirksamkeit einer solchen Klausel?
  • Was spricht für die Unwirksamkeit einer solchen Klausel?
  • Ändert sich etwas bei Zinscap-Prämien für unternehmerische Kredite?
  • Zusammenfassung
  • Ausblick in die Zukunft

Was ist eine „Zinscap“-Prämie?

Dogmatisch auseinandergesetzt mit dem Thema der Zinscap-Prämien hat sich insbesondere das Landgericht Düsseldorf. Die mit Abstand meisten Urteile zu den Zinscap-Prämien stammen von diesem Gericht. Hauptargument der fehlerhaften Abrechnung von Zinscap-Prämien ist bisher die Orientierung an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu zulässigen und unzulässigen Zinsanpassungsklauseln. Die Zinscap-Vereinbarung ist nämlich nichts anderes als ein variabler Zinssatz, der sich im Bereich einer bestimmten Ober- und einer bestimmten Untergrenze hält. Dogmatisch gesehen ist eine solche Vereinbarung also der Abschluss einer variablen Verzinsung. Die Vertragsparteien kommen gesondert darin überein, dass der Zinssatz einen bestimmten Wert nicht unterschreiten soll, der sogenannte „Zinsfloor“. Auch darf er einen anderen Wert nicht überschreiten, den sogenannten „Zinscap“. Dafür kassiert die Bank dann eine Gebühr von in der Regel 1 % bis 5 % des Nettodarlehensbetrags.

Was spricht für die Wirksamkeit einer solchen Klausel?

Soweit ersichtlich war die die variable Zinsanpassungsklausel in den allermeisten der bislang veröffentlichten Urteile unwirksam. Vor diesem Hintergrund verurteilte das Landgericht Düsseldorf im oben zitierten Urteil die kreditgebende Bank zur Erstattung der Gebühren. Hintergrund war in diesem Fall der verfehlte Sicherungszweck der Zinscap-Prämie. Durch die fehlerhafte Zinsanpassungsklausel wurde dem Kreditvertrag nicht der vereinbarte Zinsrahmen, sondern der gesetzliche Zinssatz von 4 % zugrunde gelegt. Dadurch konnte der Zinssatz nie über diesen Betrag steigen, was eine separate und vor allem kostenpflichtige Vereinbarung über einen Zinskorridor von vornherein sinnlos machte. Dementsprechend war der Betrag seitens der Bank zu Unrecht verlangt und musste vollständig erstattet werden. Ähnlich entschied das Landgericht Duisburg in einem Urteil im Jahre 2011. Auch das Landgericht Duisburg sah die Zinscap-Gebühr im Hinblick auf die ebenfalls unwirksame Zinsanpassungsklausel als von Anfang an unwirksam an.

Was spricht für die Unwirksamkeit einer solchen Klausel?

Das Oberlandesgericht Dresden dagegen hielt eine Zinssicherungsgebühr bei einem Kreditvertrag aus dem Jahre 2002 für wirksam, auch wenn die dahinter stehende Zinsanpassungsklausel unwirksam war. Das Gericht gesteht der Kreditgeberin die Zinssicherungsgebühr zu. Die Vereinbarung des Zinskorridors sei nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Dresden in diesen konkreten Fall unabhängig von der Zinsanpassungsklausel zu betrachten. Danach falle der Sicherungszweck durch den Fortfall der Zinsanpassungsklausel nicht automatisch fort. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen seiner Festlegung des abrechenbaren Zinssatzes innerhalb der Grenzen der Vereinbarung zu orientieren. Da dies in dem konkreten Fall anzunehmen war, sei die Gebühr nicht nutzlos aufgewendet und folglich nicht erstattungsfähig. Ob die Klägerin in diesem Verfahren Verbraucherin war, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Der geschilderte Sachverhalt spricht eher dafür, dass es sich um eine Unternehmerin handelte.

Ändert sich etwas bei Zinscap-Prämien für unternehmerische Kredite?

Der überschaubaren Zahl an Entscheidungen zu den Zinssicherungsgebühren fügte das Landgericht Düsseldorf im Jahre 2014 eine weitere hinzu, in dem es erneut auf die Sinnlosigkeit einer Zinscap-Prämie bei einem abrechenbaren Höchstzinssatz abstellte. Im Gegensatz zum eingangs zitierten Urteil des Landgerichtes Düsseldorf beschäftigte sich das Landgericht nun mit Zinscap-Prämien für unternehmerische Kredite. Hier beschäftigte sich die Kammer einerseits mit einer möglichen Sittenwidrigkeit, die es zu Recht verneinte. Andererseits beschäftigte es sich mit einem Schadensersatzsanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen einer behaupteten Aufklärungspflichtverletzung im vorvertraglichen Beratungsverhältnis. Jedenfalls konkret auf die angegriffene Zinscap-Vereinbarung sah das Landgericht Düsseldorf keine Beratungspflicht verletzt, da die „Vor- und Nachteile aufgrund der einfachen Struktur der Zinsbegrenzungsvereinbarung für den Kreditnehmer auf der Hand“ lagen und keiner gesonderten Beratung bedurften. Dem ist in diesem Fall zuzustimmen. Wenn eine Vereinbarung einfach formuliert und für einen gut informieren Darlehnsnehmer zu erfassen ist, benötigt der Darlehensnehmer keine gesonderte Beratung. Gerade im Hinblick auf den unternehmerischen Kredit kann man vom Darlehensnehmer ein Mindestmaß an Geschäftssinn erwarten.

Zusammenfassung

Bisher lässt sich somit prognostizieren, dass eine Zinscap-Gebühr in den meisten Fällen und unter Berücksichtigung der beschriebenen Besonderheiten zurückgefordert werden kann, wenn die Zinsanpassungsklausel unwirksam ist und es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt.

Ausblick in die Zukunft

Alle Gerichte kratzen dogmatisch jedoch nur an der Oberfläche der Zinssicherungsgebühr und es ist in Zukunft damit zu rechnen, dass sich hier noch einiges tut. Denn im Hinblick auf die Rechtsprechung zu den Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehensverträgen steckt auch in der Vereinbarung zu Zinscaps und Zinscap-Prämien Zündstoff. Seinerzeit beurteilte der Bundesgerichtshof die Bearbeitungsgebühren der darlehensgebenden Banken, weil sie nicht Preisabrede sondern formularbezogene Preisnebenabreden waren. Aufgrund der einseitigen Benachteiligung wurde diese Preisnebenabreden an § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB gemessen und entschieden, dass sie gegen wesentliche gesetzliche Grundgedanken verstoßen würden. Zumindest die Dogmatik dieser Rechtsprechung kann man teils auf die Zinscap-Prämien übertragen.

Zum einen ist die Zinscap-Prämie, anders als ihr Wortlaut, gerade nicht die Gegenleistung der Bank dafür, dass sie den variablen Zins begrenzt. Die Gegenleistung der Kreditgeberin bei einer Zinscap-Prämie ist u. a. die Begrenzung des Zinses nach unten, der sogenannte „Floor“. Der Darlehensnehmer „zahlt“ aber für die Zinsbegrenzung nach oben. Er zahlt also dafür, dass er es in Kauf nimmt, dass der Zins einen gewissen Wert nicht unterschreitet. Dies sind jedoch Leistung und Gegenleistung, Preis und Leistung eines Kreditvertrages.

Nach dieser Lesart steht die Zinscap-Prämie außerhalb des gegenseitigen Leistungsgefüges (sogenanntes Synallagma) und ist demzufolge keine dem AGB-Recht entzogene Preisabrede, sondern eine Preisnebenabrede. Sie dürfte auch in aller Regel von den Banken einseitig in den Vertrag eingeführt werden, was sie zu einer AGB-Klausel macht. Diese Klausel benachteiligt den Darlehensnehmer unangemessen. Die Vereinbarung einer separaten Gebühr für eine Leistung, die bereits bezahlt ist, dürfte per se gegen den wesentlichen Grundgedanken eines Darlehnsvertrages verstoßen und unwirksam sein. Anders als vom Oberlandesgericht Dresden und dem Landgericht Düsseldorf und Landgericht Duisburg entschieden, ist eben nicht die Gebühr selbst die Gegenleistung für den Zinscap, sondern der jeweilige Zinsfloor. Die Bank lässt sich also mit einem Minimalzins für den Maximalzins „bezahlen“, der Gebühr steht im Gegensatz dazu keine eigene Gegenleistung entgegen, was sie zu einer einseitig aufgedrängten Zusatzbelastung des Zinscap-Vertrages macht, die nicht gerechtfertigt ist. Demzufolge ist für die Zukunft damit zu rechnen, dass auch hier ein ähnlicher Paradigmenwechsel wie bei den „normalen“ Bearbeitungsgebühren einsetzen kann.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

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Telefon +49 331 9793750
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