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Die Bedrohung durch das Internet: Schmähkritik auf isharegossip.com

Die Internetseite „isharegossip.com“ (engl. „I share gossip“ = dt. „ich teile Geschwätz/ Klatsch“) lädt ihre Nutzer dazu ein, Personen im Internet öffentlich zu diffamieren und wurde für anonyme Online-Attacken gegründet. Ausdrücke aus der Fäkalsprache gehören dabei noch zu den harmloseren Schmähkritiken. Das Konzept dieser Internetseite besteht darin, dass jeder über einen anderen alles veröffentlichen darf; ob nun wahr oder unwahr, angefangen von Texten bis hin zur Veröffentlichung von personenbezogenen Daten. Aufgrund der damit einhergehenden Rechtsverletzungen legen es die Autoren der Beiträge auf „isharegossip.com“ besonders darauf an, anonym zu bleiben. Ist die Lust an der Denunziation also das Erfolgsgeheimnis für ein „Web-2.0-Konzept“ oder ging es schlichtweg darum, eine Plattform für Rechtsverletzungen anzubieten, bei der sich aufgrund von Hürden der Verfolgbarkeit möglicherweise eine Rechtslücke auftut? Vielfach wird von den Betreibern derartiger Portale allerdings übersehen, dass das Internet gerade kein rechtsfreier Raum ist und im Einzelfall durchaus Möglichkeiten aufgezeigt werden können, sich gegen derartige Rechtsverletzungen zu wehren.

Übersicht


Wie ist die Rechtslage?

Eine Vielzahl der Veröffentlichungen auf „isharegossip.com“ stellen nach deutschem Recht eine eindeutige Rechtsverletzung dar.

Das für Internetrechtsverletzungen zuständige Dezernat der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt nach Angaben der Zeitung WELT Kompakt („Hass-Seite soll auf den Suchindex“, Ausgabe vom 23.03.2011, Seite 27) bereits seit Ende Januar 2011 gegen den nach Lettland verweisenden Betreiber.

Gegen Textveröffentlichungen, die sich als Schmähkritik herausstellen und somit die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit überschreiten, können Unterlassungs-, Beseitigungs- und auch Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden. Stellt sich die Äußerung rechtlich dagegen als eine Tatsachenbehauptung anstatt einer Meinungsäußerung dar, kann gegen unwahre Tatsachenbehauptungen ohnehin vorgegangen werden.

Ferner sind bei der Veröffentlichung personenbezogener Daten die in Deutschland vergleichsweise strengen Regeln des Bundesdatenschutzgesetzes (kurz: BDSG) einzuhalten. Verstöße hiergegen lösen je nach Einzelfall erneut Löschungs-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus und stellen sich im Einzelfall sogar als Ordnungs- bzw. als Straftatbestand nach den §§ 43, 44 BDSG dar.

Diese Auflistung enthält nur eine allgemein in Betracht kommende Übersicht über Anspruchsgrundlagen und ersetzt keine Rechtsberatung und Rechtsprüfung anhand Ihres Einzelfalles.

Worin bestehen die Hürden der Rechtsdurchsetzung?

Die eigentlichen Hürden bestehen bei derartigen Rechtsverletzungen darin, dass sich der Autor des rechtsverletzenden Inhaltes versteckt und somit versucht, anonym zu bleiben. Die Rechtsverletzungen selber werfen in rechtlicher Hinsicht oftmals keine allzu großen Schwierigkeiten auf. Doch gegen wen soll man klagen, wenn man keinen Gegner kennt?

Wie finde ich meinen Gegner?

Im IT-Recht beheimatete Rechtsanwaltskanzleien wissen von den vorhandenen Möglichkeiten, wie man den Gegner, der sich im Internet verstecken möchte, ggf. doch aufspüren kann. Zwar gibt es keine 100% Erfolgsgarantie. Aber bevor man die Flinte ins Korn wirft, sollten die vorhandenen Möglichkeiten erst einmal durchgespielt werden.

Grundsätzlich ist jede Domain einem Domaininhaber zugeordnet, der insofern als Haftungsträger für Rechtsverletzungen auf der von ihm bereitgehaltenen Internetseite ab dem Zeitpunkt in Betracht kommt, nachdem er von der Rechtsverletzung erfährt. Hier ist also eine Abmahnung und eine Fristsetzung zur Löschung gegen die Jufax Entertainment Ltd. erforderlich bevor ein Gericht angerufen werden kann. Gerade die Betreiber derartiger Internetportale, die sich in der Rechtsform einer haftungsbeschränkten Limited, einem Provider im Ausland (hier in Schweden), sowie einer ausländischen Adresse im Impressum (hier in Lettland) in vermeintlicher Sicherheit wiegen, übersehen gerne, dass Gerichtsverfahren auf Unterlassung trotzdem in Deutschland geführt werden können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich eine Rechtsverletzung in Deutschland auswirkt. Im vorliegenden Fall kann die Internetseite nicht bloß in Deutschland abgerufen werden, sondern sie richtet sich auch hinsichtlich der verwendeten Sprache und dem Aufbau an ein deutsches Publikum. Damit ist der Weg in das deutsche Recht und zu den deutschen Gerichten eröffnet. Ein deutsches Urteil kann dann auch im EU-Ausland vollstreckt werden, da es innerhalb der Europäischen Union entsprechende Vollstreckungsübereinkommen gibt.

Bei allen strafrechtlich relevanten Veröffentlichungen Unbekannter, kann ferner mit Hilfe einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft und der anschließenden Akteneinsicht als Strafverletzter nähere Informationen recherchiert werden.

Hilft auch dies nicht weiter, weil der Domaininhaber unter dem Namen einer falschen Person eingetragen wurde, kommt als Anspruchsgegner nicht bloß der Betreiber des Portals in Betracht, sondern im Einzelfall möglicherweise auch der in Schweden beheimatete Provider. Allerdings sind Möglichkeiten der Inanspruchnahme von den Umstände des Einzelfalles abhängig. Selbst ein rechtlich fundiertes Schreiben an die zentrale Registrierungsstelle, soll schon Wunder bewirkt haben.

Hilft auch dies nicht weiter, muss gemeinsam mit dem Geschädigten geprüft werden, ob es nicht doch Anhaltspunkte gibt, wer der Autor einer Denunziation sein könnte? Wenn beispielsweise ein bestimmtes Foto veröffentlicht wurde, das nur wenigen Personen bekannt war, reduziert sich der in Betracht kommende Täterkreis oftmals auf wenige Personen. Hier müssen Beweise zusammengetragen werden, um die Rechtsverletzung abzustellen.

Wie hoch sind die Kosten der Rechtsverfolgung?

Über eine Deckungsanfrage bei der Rechtschutzversicherung des Betroffenen kann zunächst in Erfahrung gebracht werden, ob die Kosten für eine anwaltliche Vertretung und die Gerichtskosten für ein evt. erforderliches Gerichtsverfahren gedeckt sind. Zwar variieren die Versicherungsverträge je nach Art der Versicherung. In der Regel sollte der Fall jedoch von der Privatrechtschutzversicherung gedeckt sein.

Helfen neue Gesetze?

Die obige Darstellung zur Rechtslage zeigt recht anschaulich, dass die Hürden der Rechtsdurchsetzung gerade nicht in einer Gesetzeslücke bestehen. Neue Gesetze helfen deshalb nur bedingt, da das Problem der Rechtsdurchsetzung kein Problem von mangelhaften oder ungenügenden Gesetzen ist. Die bestehenden Gesetze reichen durchaus aus, um in zahlreichen Fällen der Denunziation im Internet von einer glasklaren Rechtsverletzung zu sprechen. Das Problem ist nicht die Rechtslage, sondern die Rechtsdurchsetzung, da die Täter gezielt die Möglichkeiten der Anonymität des Internets suchen und das Internet auch keine Landesgrenzen kennt.

Ist das Konzept von „isharegossip.com“ neu?

Nein, das Konzept der Internetseite „isharegossip.com“ ist weder neu, sondern stammt von längst bekannten amerikanischen Vorbildern, wie beispielsweise „rottenneighbor.com“. Diese oder ähnlich gelagerte Internetseiten tauchen immer wieder auf, verschwinden aber auch wieder oder müssen ihr Angebot zumindest einschränken. In Deutschland ist beispielsweise der Zugriff auf rottenneighbor.com aufgrund der rechtsverletzenden Inhalte schon seit geraumer Zeit für den „normalen Internetnutzer“ nicht mehr möglich, da Zugangshürden errichtet wurden.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
Internet: ilex-bankrecht.de

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