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Die Schufa macht das Licht aus (Glosse und Ernstes)

Einem üblichen Brauch nach, zündet man in der Adventszeit und zum Weihnachtsfest auch außerhalb von Kirchen, religiös geprägten Haushalten und romantischen Restaurants die ein oder andere Kerze an. Der Geruch der Flamme ist für viele untrennbar mit dem Weihnachtsfest verbunden. Geht es nach einem deutschen Spitzenunternehmen mit Sitz in Wiesbaden, so wird dieses weihnachtliche Kerzenambiente ab Januar 2013 möglichst das ganze Jahre über in viele Haushalte transportiert. Denn für viele Verbraucher wird der Strom ab Januar teuer und ein Stromanbieterwechsel ist mit einem negativem Schufa-Eintrag kaum möglich. Also gilt: Die Schufa macht das Licht aus und bringt uns das gesamte Jahr über in Weihnachtslaune. Weniger erheiternd ist jedoch ein konkreter Fall, von dem SPON am 19. Dezember 2012 berichtet. ilex Rechtsanwälte, die auf das Datenschutzrecht im Bankbereich seit Jahren spezialisiert sind, schildern die Möglichkeiten, den Eintrag über die Privatinsolvenz (Restschuldbefreiung) zur Löschung zu bringen.

Gliederung:


1. Der Fall der Frau Ursula H.

Es ist ein bisschen wie bei Charles Dickens und der berühmten Erzählung "A Christmas Carol in Prose, Being a Ghost-Story of Christmas", die in Deutschland häufig auch unter dem Titel "Eine Weihnachtsgeschichte" bekannt ist. Es geht um Armut, Ungerechtigkeit und die Hoffnung auf Läuterung. Doch zurück zu den traurigen Fakten: SPON berichtet am 19. Dezember 2012 über den Fall der Frau Ursula H.. Die Frau, die von einer Rente von 770 € lebt, hat bereits eine Privatinsolvenz hinter sich. Nun steigen die Preise für Strom und Gas. Sogar das Bundeskartellamt rät zum Anbieterwechsel. Diesen bekommt Ursuala H. aber nicht. SPON berichtet darüber, dass der Gasanbieter eprimo, sie als Kunden ablehnte, weil "zu ihrer Person bei Schufa Holding AG ein nicht ausreichender Bonitätswert" vorliege.

Mit anderen Worten: Die Schufa warnt mittels ihrer Datenbank und ggf. - dies ist nicht bekannt - auch über einen sog. Score vor einem Ausfallrisiko bei Ursuala H. Die letztendliche Vertragsentscheidung trifft aber der jeweilige Vertragspartner.

2. Zur Rechtslage

Die Schufa Holding AG ist nicht die einzige Auskunftei auf dem deutschen Markt, jedoch der Marktführer. Allerdings soll aus Gründen der vorweihnachtlichen Fairness hier nicht - wie dies manchmal der Fall ist - pauschal auf die Schufa Holding AG eingegangen werden; ähnliche Probleme kann es auch bei anderen Auskunfteien geben.

Auskunfteien sind in Deutschland private Unternehmen, die Informationen über Verbraucher und Unternehmer sammeln und darauf basierend eine Bonitätsprognose abgeben, also die Wahrscheinlichkeit abschätzen, dass der jeweils Betroffene auch morgen noch seine (Strom-)Rechnungen zahlt.

Die Daten über die Insolvenz, wobei es sich zumeist um die Information der Restschuldbefreiung handelt, recherchieren viele Auskunfteien über die Webseite www.insolvenzbekanntmachungen.de. Dort sind bis 6 Monate nach Restschuldbefreiung die entsprechenden Insolvenzdaten abrufbar. Aus diesem Pool recherchieren die Auskunfteien die Informationen und speichern sie.

Die Recherche nennt der Jurist Erhebung von personenbezogenen Daten; die Speicherung ist schlicht die Speicherung und somit die Verarbeitung der Daten. Das Erheben und Verarbeiten von Daten ist aber grds. rechtswidrig, § 4 Absatz 1 BDSG. Mithin verletzt eine Auskunftei die Rechte des Betroffenen, wenn sie diese Daten recherchiert und abspeichert.

Von diesem Verbot gibt es nur zwei Ausnahmen. Entweder der Betroffene willigt ein oder eine Rechtsvorschrift erlaubt dies. Eine Einwilligung zugunsten der Auskunfteien ist selten gegeben, denn niemand ist in solch einem Zusammenhang deren Vertragspartner.

Als gesetzlicher Erlaubnistatbestand kommt allenfalls § 29 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG in Betracht. Nach dieser Vorschrift gilt: Das geschäftsmäßige Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung, insbesondere wenn dies der Werbung, der Tätigkeit von Auskunfteien oder dem Adresshandel dient, ist zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung offensichtlich überwiegt.

ilex Rechtsanwälte bezweifelt, dass sich eine Auskunftei hierauf stützen kann. Zunächst verhält es sich in diesem konkreten Fall so, dass der europäische Gesetzgeber eben diese Recherchepraxis in einer Richtlinie legalisieren wollte, davon aber ausdrücklich absah, weil Auskunfteien sich nicht aus öffentlichen Verzeichnissen bedienen sollen. Deshalb wäre es jetzt widersinnig, das ausdrücklich nicht gewollte Ergebnis durch eine andere Erlaubnisnorm herbeizuführen.

Abseits dessen, ist es so, dass § 29 Absatz 1 Satz Nr. 2 BDSG voraussetzt, dass die Betroffenen Daten öffentlichen Quellen entnommen werden "können". Nach sechs Monaten werden diese aber bei www.insolvenzbekanntmachungen.de gelöscht, jedoch nicht bei allen Auskunfteien.

Zuletzt ist auch fraglich, ob nicht gewichtige Interessen entgegenstehen. Etwa die Wertungen des Insolvenzrechts, die einen Neustart garantieren oder der Umstand, dass man ansonsten keinen Strom bekommt.

3. Besonders schwere Fälle

Um zu Charles Dickens zurückzukehren. ilex Rechtsanwälte begegnet immer wieder Mandanten und v.a. ihren Geschichten, die doch sehr stark an das viktorianische Zeitalter erinnern. So ähnlich liegt es auch im Fall der Frau Ursuala H. Hier kann der Betroffene versuchen, einen Härtefallwiderspruch zu erheben. Ist dieser begründet, müssen die Daten ebenfalls gelöscht werden. Den wenigsten ist dieser Anspruch jedoch bekannt.

4. Fazit

Es soll nicht abgestritten werden, dass unzuverlässige, nicht zahlende Kunden für viele Unternehmer unerträglich sind. Denkbar ist der Fall, in dem ein Kunde ein Geschenk für sein Kind kauft, es unter den Weihnachtsbaum legt, den Händler aber nicht bezahlt, sodass dessen Kinder leer ausgehen. Ist das gerecht? Sicherlich nicht. Daher erfüllen Auskunfteien eine sinnvolle Aufgabe.

Aber allein der Umstand, dass Auskunfteien einer sinnvollen Aufgabe nachgehen, entbindet sie nicht davon, sich an die datenschutzrechtlichen Spielregeln zu halten. Und wenn diese - mit o.g. Argumentation - einer Erhebung und Speicherung von Daten entgegenstehen, ist das einfach so.

Möglicherweise werden dem ein oder anderen Vorstand einer Auskunftei am Heiligabend drei Geister erscheinen,
sodass wir insbesondere die beiden Weihnachtsfeiertage abwarten sollten. Vielleicht berichtet SPON dann davon, dass der eine oder andere Vorstand einer Auskunftei durch die Straßen seiner Stadt läuft und den Menschen Geld schenkt.

Und wenn nicht, bleibt uns die tröstliche Erkenntnisse, dass die Auskunfteien wenigstens für Weihnachtsstimmung im ganzen Jahr 2013 sorgen.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
Internet: ilex-bankrecht.de

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