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Grenzüberschreitender e-Commerce zwischen Deutschland und der Schweiz

Wie kaum ein anderes Medium hat das Internet neue Impulse für den Handel mit Waren im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr ausgelöst. Ein klassisches Beispiel für grenzüberschreitende Transaktionen weltweit ist die eBay-Handelsplattform, die von der in Luxemburg ansässigen eBay Europe S.à.r.l. betrieben und von Verkäufern aus fast allen Teilen der Welt genutzt wird. Da in Teilen der Schweiz und in Österreich ebenfalls deutsch gesprochen wird und insofern keine Sprachbarrieren für den grenzüberschreitenden Warenverkehr überwunden werden müssen, ist es kein Wunder, dass sich viele deutsche Online-Shops und Online-Portale nicht bloß an Kunden in Deutschland, sondern auch an Kunden im nahegelegenen Ausland wenden. Auch umgekehrt wenden sich schweizerische Gesellschaften gerne an Kunden in Deutschland. Da Shop- und Portal-Betreiber im Internet eine erhebliche Anzahl von rechtlichen Regeln zu beachten haben, stellt sich in diesen Fällen die Frage, welche rechtlichen Vorschriften welchen Landes im Einzelfall von den Betreibern zu erfüllen sind? Ilex Rechtsanwälte ist dieser Frage einmal am Beispiel des grenzüberschreitenden e-Commerce zwischen Deutschland und der Schweiz nachgegangen.

Überblick:


Wann sind deutsche Gericht zuständig?

Grundsätzlich ist zwischen der Zuständigkeit deutscher Gerichte und der Anwendbarkeit deutschen Rechts zu unterscheiden. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte bei einem in der Schweiz ansässigen Anbieter eines Online-Portals richtet sich nach dem sogenanntem „Übereinkommen von Lugano vom 16.09.1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“ (kurz: Luganoer Übereinkommen). Demnach ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründet, wenn in Deutschland ein Erfolgsort des Rechtsgeschäftes liegt. Dazu reicht es nicht aus, wenn ein Schweizer Internetangebot in Deutschland abrufbar ist. Dann wäre nämlich immer eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben, weil auch schweizerische Internetangebot typischerweise in Deutschland abrufbar sind. Allerdings kann bereits dann eine Zuständigkeit deutscher Gerichte anzunehmen sein, wenn sich ein Internet-Angebot nach dem Willen des Betreibers an den deutschen Markt wendet. Ob eine solche Auswirkung auf den bundesdeutschen Markt vorliegt, wird anhand des konkreten Internet-Angebotes beurteilt. Demnach kommt eine Zuständigkeit deutscher Gerichte etwa dann in Betracht, wenn auf dem Internet-Portal ein Hinweis erteilt wird, wonach man auch nach Deutschland liefere, wenn Versandkosten nach Deutschland aufgeschlüsselt werden, wenn auf irgendeine andere Weise eine gezielte Ansprache von deutschen Kunden stattfindet oder Preise beispielsweise in der Währung des Adressaten-Landes genannt werden. Weitere Kriterien können außerdem sein: die Verwendung von länderspezifischen Top-Level-Domains, die Verwendung von Bankverbindungen des jeweils anderen Landes, die Platzierung von Werbung auf deutschen Websites (beispielsweise auf google.de) etc.

Wann ist deutsches Recht anwendbar?

Bei einer in der Schweiz ansässigen Firma, die sich an ein deutsches Publikum wendet, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch deutsches Recht zur Anwendung gelangen, selbst wenn der Anbieter des Internet-Angebotes seinen Sitz in der Schweiz unterhält. Solche Rechtsfragen tauchen in der Praxis immer dann auf, wenn dem Anbieter der Vorwurf unterbreitet wird, deutsche Rechtsvorschriften nicht eingehalten zu haben. Häufig tauchen solche Fragestellungen bei Wettbewerbsprozessen auf; etwa aufgrund der Nichteinhaltung von Preisangaben-Vorschriften oder aufgrund von Impressums-Pflichten, Widerrufsbelehrungen etc. Auch in diesen Fällen kann der abmahnende Wettbewerber verlangen, dass das Recht des Staates angewendet wird, in dem der Verletzungserfolg eingetreten ist. Kann der abmahnende Wettbewerber nachweisen, dass sich das Internet-Angebot auch an deutsche Kunden richtet, könnte die Anwendbarkeit deutschen Rechtes gegeben sein.

Wann ist eine Zuständigkeit Schweizer Gerichte gegeben?

Auch umgekehrt kann die Zuständigkeit eines schweizerischen Gerichtes anzunehmen sein, wenn sich ein in Deutschland ansässiger Anbieter eines Internet-Portals auch an ein Schweizer Publikum wendet. Auch die Schweizer Gerichte nehmen ihre Zuständigkeit – nach den gleichen Vorschriften – an, wenn lediglich der Handlungs- oder Erfolgsort in der Schweiz liegt. Ähnlich wie bei der Zuständigkeitsbestimmung deutscher Gerichte können Anbieter von Internet-Angeboten vor Schweizer Gerichten verklagt werden, wenn ihre Handlungen in der Schweiz Wirkungen oder auch Erfolge zeigen. Erneut kommt es auf das Online-Angebot an und ob sich dieses gezielt an ein Schweizer Publikum richtet. Dabei ist das jeweilige Online-Angebot im Einzelfall zu betrachten.

Wann ist Schweizer Recht anwendbar?

Ähnlich wie bei der Prüfung der Anwendbarkeit des deutschen Rechts gilt auch im Hinblick auf das Schweizer Recht, das besonders bei Wettbewerbsverstößen im grenzüberschreitenden Verkehr das Schweizer Recht bereits dann anwendbar ist, wenn sich dieses in der Schweiz auswirkt (Auswirkungsprinzip). Unerheblich ist es dagegen, dass die Wettbewerbshandlung im Ausland (hier in Deutschland) veranlasst und begangen wurde.

Fazit

Wer seine Online-Angebot von der Schweiz aus auch an deutsche Kunden richtet oder sein Online-Angebot umgekehrt von Deutschland aus auch an schweizerische Kunden richtet, muss damit rechnen, in Streitfällen auch an einem ausländischen Gerichtsort verklagt werden zu können und das Recht einer anderen Rechtsordnung beachten zu müssen. Die Zuständigkeit ausländischer Gerichte und die Anwendbarkeit ausländischen Rechts wird bei typischen, grenzüberschreitenden E-Commerce-Sachverhalten unter bestimmten Voraussetzungen durchaus bejaht. Dies kann bereits dann der Fall sein, wenn lediglich Versandkosten für den Versand in die Schweiz angegeben werden oder Währungsangaben in Schweizer Franken erfolgen.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
Internet: ilex-bankrecht.de

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