Hausverbot für Schüler – Wenn Supermarktbetreiber rot sehen
Aktuelle Nachrichten in Rundfunk und Zeitungen lassen aufhorchen: Die Berliner Filiale einer großen Supermarktkette verhängt ein Hausverbot für Schüler während der normalen Schulzeiten. Die Welle des Protests ließ nicht lange auf sich warten. Für das Recht des Hausherren streiten aber auch gewichtige Argumente.
Immer wieder steht der Hausherr vor der Entscheidung, ob er einzelnen Personen, möglicherweise aber auch Personengruppen das Recht verwehren kann und darf, seine Räume zu betreten. Diese Frage stellte sich auch für den Betreiber einer Supermarktfiliale. Zu dessen Kunden gehör(t)en Schüler der benachbarten Schule. Der Betreiber des Supermarktes sah sich veranlasst, ein Hausverbot zu Lasten der Schüler auszusprechen, da es wohl vermehrt zu Diebstählen und Drohungen kam. Der Artikel untersucht die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Hausherr ein Hausverbot aussprechen darf.
Übersicht
1. Rechtliche Grundlage
Die Befugnis, ein Hausverbot auszusprechen, folgt aus dem Hausrecht. Das Hausrecht hat derjenige, der berechtigt ist, die Räume zu nutzen. Das kann der Eigentümer eines Grundstücks sein (frei nach dem Grundsatz des BGB: „Wem gehört das Haus?“, „Demjenigen, dem das Grundstück gehört!“), auf jeden Fall ist es der Mieter/Pächter.
So kann der Betreiber eines Geschäftes grundsätzlich ein Hausverbot als Mieter/Pächter der Räumlichkeiten aussprechen. Das ist auch möglich, wenn das Geschäft, wie üblich, für die Allgemeinheit zugänglich ist. Das Landesgericht Frankfurt (Oder) hat hierzu entschieden, dass das Öffnen eines Geschäfts für den Publikumsverkehr keinen Verzicht auf das Hausrecht in vollem Umfang begründet (vgl. LG Frankfurt (Oder) 2. Zivilkammer, 22.06.2010, Az. 12 O 17/10). Ein willkürlicher Ausschluss bestimmter Personen ist in diesen Fällen jedoch unzulässig.
2. Grenzen
a.
Der Ausübung des Hausrechts sind aber auch rechtliche Grenzen gesetzt. Das leuchtet sehr schnell ein, wenn man sich überlegt, dass in einem öffentlich zugänglichen Restaurant der Zutritt für z. B. Personen einer bestimmten Religion verboten werden soll. Das widerspricht den Grundsätzen unserer Verfassung und gilt auch für weitere Diskriminierungsverbote.
Geregelt ist das in dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. § 1 AGG). Klar! Ein Hausverbot zu Lasten von z. B. Personen männlichen Geschlechts ist also unzulässig. Die Aufzählung in § 1 AGG ist aber abschließend (und gilt v. a. für die Verträge des täglichen Bedarfs - so genanntes Massengeschäft - und auch dort nur eingeschränkt). Das Merkmal „Schüler“ lässt sich hierunter aber nicht fassen.
b.
Eine weitere Grenze des Hausverbots stellt der so genannte Kontrahierungszwang dar. Was soll man nun bitte hierunter verstehen? Hierzu muss man etwas weiter ausholen: In unserer Gesellschaft herrscht Privatautonomie. Dies beschreibt u. a. das Recht jedes Einzelnen Verträge auszuhandeln, zu schließen oder eben nicht zu schließen, in Geschäftskontakt mit anderen zu treten oder dies gerade nicht zu tun – z. B. durch Aussprechens eines Hausverbots. Der Zwang zu kontrahieren – einen Vertrag zu schließen – stellt einen Eingriff in dieses Freiheitsrecht dar. Deshalb gilt er auch nur in bestimmten Fällen.
Es wird zwischen unmittelbarem und mittelbarem Kontrahierungszwang unterschieden. Stark vereinfacht besteht immer dort der Zwang, Verträge zu schließen, wo es um die Daseinsvorsorge geht – Strom, Gas, etc.. Auch für marktbeherrschende Unternehmen kann eine Verpflichtung zum Vertragsschluss bestehen, da ansonsten z. B. anderen Unternehmen ihrer Geschäftsgrundlage beraubt würden. Aber lassen wir das Abschweifen in Abstraktes. Wie sieht es für die Schüler aus? Besteht hier ein Kontraktionszwang?
3. Konkreter Fall
Wie bereits erörtert, liegt hier kein Verstoß gegen das AGG vor. Im Bereich des Kontrahierungszwangs wäre alleine daran zu denken, dass Schüler in einem Supermarkt ihr Dasein durch den Erwerb von Lebensmitteln sichern wollen. Dieser Gedanke ist indes wohl etwas fernliegend, denn: Stellen wir uns also einmal vor, die Supermärkte wären weg - Würden die Schüler dann wohl aussterben? Wohl nicht. Zur Sicherung des Bestands der Gattung „Schüler“ muss z. B. das Pausenbrot oder das gemeinsame Mittagessen in der Schule herhalten. Bei den Snacks im Supermarkt geht es eher um einen angenehmen Zeitvertreib.
4. Fazit
Im Ergebnis hält das Hausverbot des Supermarktbetreibers einer rechtlichen Prüfung Stand. Da der Betreiber sich auf Übergriffe von den Schülern stützt, ist das Hausverbot auch nicht willkürlich. Die Zulässigkeit des Hausverbots würde sich jedoch anders beurteilen, wenn der Supermarkt die einzige Möglichkeit der Schüler darstellen würde, an Lebensmittel zu gelangen. In diesem Fall würden vielleicht aber auch die Fälle von Drohungen und Diebstahl abnehmen – so es solche überhaupt gibt.
Da unberechtigt ausgesprochene Hausverbote zu teuren Gerichtsstreitigkeiten führen können, die häufig großes Medienecho erfahren, ist der Hausherr gut beraten, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen.