Inkassomethoden: wann ist ein Negativeintrag bei der Schufa Holding AG unzulässig?
Ein beliebtes Mittel, selbst umstrittene Forderungen durchzusetzen, ist die Drohung mit einem Negativeintrag bei der Schufa Holding AG. Die Konsequenzen eines solchen Eintrages können für den Betroffenen beachtlich sein. Als Bankkunde wird man bereits bei einem Eintrag über einen minimalen Betrag Schwierigkeiten haben, ein neues Konto zu eröffnen; trotz anderslautender Dementis aufgrund von angeblichen Selbstverpflichtungserklärungen. Schon bei der Kontoeröffnung wird regelmäßig und obligatorisch eine Auskunft in der Datenbank eingeholt. Im Einzelfall verlangen inzwischen selbst Vermieter vor Vertragsschluss die Vorlage einer „Schufa-Selbstauskunft“. Auch Mobilfunkunternehmen und andere Branchen holen solche Auskünfte ein, allerdings meist aus anderen Datenbanken. Die Vertragsfreiheit des Kunden ist faktisch enorm eingeschränkt, wenn ein Dritter, sei es nun berechtigt oder nicht berechtigt, einen Negativeintrag bei einem Wirtschaftsinformationsdienst lanciert. Ein solcher Negativeintrag ist nicht gerade selten rechtswidrig und kann unterbunden werden.
Übersicht:
- Wann dürfen Daten an die Schufa Holding AG weitergeleitet werden?
- Gibt es nur die „Schufa“?
- Wann ist die Androhung eines Negativeintrages rechtswidrig?
Wann dürfen Daten an die Schufa Holding AG weitergeleitet werden?
Die erste wesentliche Zulässigkeitshürde ist, unabhängig von der Frage, ob die geltend gemachte Forderung überhaupt besteht, dass der Betroffene in die Datenweitergabe vorher eingewilligt hat. Diese Einwilligung muss auch seinerseits wirksam sein, was anhand des Einzelfalles zu prüfen ist. Die Datenweitergabe an Dritte stellt nämlich eine Datennutzung im Sinne des § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dar und diese Datennutzung kommt unabhängig von der Frage, ob die Forderung überhaupt besteht, nur dann in Betracht, wenn der Betroffene vor der Datenweitergabe ausdrücklich eingewilligt hat.
Bei der Eröffnung eines Bankkontos unterschreibt der Kunde im Regelfall bereits auf dem Eröffnungsantragsformular eine „Schufa-Klausel“. In einigen Fällen ist diese bereits an sich fehlerhaft. Beispielsweise hat der Bundesgerichtshof deutliche Zweifel aufgeworfen, ob es überhaupt möglich ist, eine Einwilligung zur Datenweitergabe formularmäßig in Geschäftsbedingungen zu erteilen (BGHZ 95, 362 [367 f.]); diese Frage aber in dem konkreten Fall nicht entschieden, weil die „Schufa-Klausel“ schon aus anderen Gründen unwirksam war.
In vielen von den Rechtsanwälten vertretenen Fällen hatten die Mandanten entweder gar keine „Schufa-Klausel“ unterschrieben und der Gegner drohte trotzdem mit einem Negativeintrag. Dies ist klar unzulässig.
Gibt es nur die „Schufa“?
Während der Begriff „Schufa“ bereits ein weithin bekanntes Schlagwort und vielen Menschen ein Begriff ist, wissen die wenigstens, in welchen Datenbanken sie sonst noch verzeichnet sind. Sie existieren trotzdem und fast jeder Deutsche ist mehreren Datenbanken verzeichnet.
Die Datenbank der Schufa Holding AG ist diejenige, auf die vor allem die Banken zugreifen, aber auch einige Versandhandelsunternehmen. Im Einzelfall kann es schon mal passieren, dass man in dieser Datenbank auch auf sein Konto beim Blumenversandhändler oder eines Internetunternehmen stößt.
Eine ebenso große Praxisrelevanz hat aber auch der „Fraud Prevention Pool“, eine „Missbrauchsdatenbank“ der Mobilfunkbranche, die von der Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG betrieben wird. In deren Werbung heißt es: Unsere Kunden „profitieren heute von einer der größten Datenbanken Deutschlands mit Informationen über 39 Millionen Privatpersonen und 3,6 Millionen Unternehmen“. Daneben greift u. a. die Versicherungsbranche auf spezielle Datenbanken zu und es existieren eine Vielzahl weiterer Auskunftsdatenbanken.
Wann ist die Androhung eines Negativeintrages rechtswidrig?
Unabhängig von der Frage der Notwendigkeit einer vorherigen Einwilligung zur Datenübermittlung, ist die Übermittlung nur zulässig, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen des Unternehmens erforderlich ist. Der Bundesgerichtshof verlangt, dass die übermittelnde Stelle in jedem Einzelfall eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Abwägung zwischen ihren berechtigten Interessen und den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen vorzunehmen hat (BGH, NJW 1984, 436 [437]; BGH, MDR 1984, 822 f.).
Die Grenzen einer zulässigen Datenübermittlung ergeben sich aus dem zulässigen Zweck des „Schufa-Informationssystems“. Selbst bei genereller Zustimmung unter die „Schufa-Klausel“ darf nicht mit einem Negativeintrag gedroht werden, wenn dies vom zulässigen Zweck des Informationssystems nicht gedeckt ist.
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung liegt der zulässige Zweck allein darin, eine Kreditvergabe an Kreditunwürdige zu verhindern und damit den Interessen der Banken. Anerkannt ist, dass es zudem im Interesse der Allgemeinheit und der übrigen Kreditnehmer liegt, wenn Kreditunwürdige keinen Kredit bekommen, da dies die Kreditkosten zu Lasten aller verteuert. Das bedeutet aber umgekehrt, dass die Nutzung des „Schufa-Systems“ zu reinen Inkassozwecken rechtswidrig ist. Zumindest zählt es nicht zum zulässigen Zweck des „Schufa-Systems“, vermeintlichen Gläubigern eine allgemeine Drohkulisse zur Verfügung zu stellen, indem diese nur mit dem Begriff „Schufa-Eintrag“ zu hantieren braucht, um auf diese Weise Forderungen (seien sie berechtigt oder unberechtigt) einfordern zu können.
In diese Richtung tendiert eine Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf. Demnach ist ein Unternehmen nicht dazu berechtigt, die Eintragung eines säumigen Zahlers, der gegen die betreffende Rechnung sogar unter Bestreiten der Richtigkeit gerichtlich vorgeht, in die „Negativliste“ der Schufa Holding AG zu veranlassen. Selbst während eines schwebenden Gerichtsverfahrens liegt in einem Negativeintrag stets eine unzulässige Anprangerung des „Schuldners“, so dass der Eintrag aus der strittigen Rechnung auf Antrag auch im Eilverfahren zu löschen ist (Landgericht Düsseldorf, Beschl. v. 20.9.2001 – 12 O 392/01, zu finden unter Juris).
Ähnlich entschied das Landgericht Bonn. Nicht nur bei substantiiert bestrittenen Forderungen sei eine Datenübermittlung unverhältnismäßig und daher unzulässig, sondern auch dann, wenn das übermittelnde Unternehmen sich nicht ausreichend über die Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsunwilligkeit seines Kunden vergewissert hat. Dies sei der Fall, wenn die Kündigung eines Kartenvertrages aufgrund „weicher Daten“ (d. h. solcher Daten, hinsichtlich derer eine gerichtliche Feststellung fehlt) ausgesprochen worden ist. In diesem Fall verletzt das übermittelnde Unternehmen seine Pflichten aus dem Kreditkartenvertrag, wenn es gleichwohl der Schufa Holding AG über die Vertragskündigung unter Übermittlung personenbezogener Daten Mitteilung macht (Landgericht Bonn, Urt. v. 16.3.1993 – 5 S 179/93, EWiR 1988, 841 f.). Das Unternehmen verstößt sowohl gegen die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes, als auch gegen das Bankgeheimnis, weil nur die Frage der Zahlungsfähigkeit bzw. der Zahlungsunwilligkeit den berechtigten Schutzzweck von Mitteilungen an die Schufa Holding AG bildet (keine Kreditvergabe an Kreditunwürdige) und nicht bereits der Wille zum Erpressen unberechtigter Zahlungen durch das Androhen einer Schufa-Mitteilung.
Aktuell hat das Amtsgericht Plön im Dezember 2007 einem Betroffenen sogar einen Unterlassungsanspruch zuerkannt, der es dem Vertragspartner bei Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro untersagt, über den Betroffenen Daten weiterzuleiten (Urt. v. 10.12.2007 – 2 C 650/07).
Nach sorgfältiger Einzelfallprüfung bestehen deshalb durchaus Chancen sich gegen die Eintragung einer negativen Meldung zu wehren.