IT-Recht: Werbung gegenüber Minderjährigen in Online-Spielen
Viele Online-Spiele locken damit, dass diese kostenlos gespielt werden können. Letztlich wird hierdurch die Möglichkeit eröffnet, das Online-Spiel zu „testen“. Wenn man das Spiel dann aber weiterspielen möchte, muss man häufig In-Game-Käufe tätigen. Die Anbieter von Online-Spielen müssen zukünftig aber vorsichtig sein, wenn sich ihre „Angebote“ an Minderjährige richten. Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht hierin einen Wettbewerbsverstoß (Versäumnisurteil vom 17.7.2013 - I ZR 34/12).
Übersicht:
Der Sachverhalt
Der Betreiber eines Online-Spiels bietet die für die Spielteilnahme erforderliche Software kostenlos zum Download an. Da es sich bei dem Spiel um einen Fantasie-Rollenspiel handelt, gibt es Spielecharaktere, die durch virtuelle Gegenstände ausgerüstet und erweitert werden können. Die Gegenstände können unter anderem per Kreditkarte auf Guthabenbasis oder per SMS bezahlt werden.
Auf der Internetseite des Online-Spiels wirbt der Betreiber für den Erwerb virtueller Gegenstände. Hierbei benutzt er Phrasen wie zum Beispiel „Ist dein Charakter bereit für kommende Abenteuer und entsprechend gerüstet?“, „Ohne die entsprechende Vorbereitung kann die nächste Ecke im Dungeon der letzte Schritt gewesen sein. Diese Woche hast Du erneut die Chance Deinen Charakter aufzumotzen! Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasste Deiner Rüstung & Waffen das gewisse ‚Etwas‘!“
Zum Teil waren Worte in dem Werbetext unterstrichen und als Link zu einer Internetseite gestaltet, auf der der Betreiber die entsprechenden virtuellen Ausrüstungsgegenstände zum Kauf anbietet.
Ein Verbraucherverband beanstandete diese Form der Werbung als wettbewerbswidrig.
Die Entscheidung
Der BGH sieht die Voraussetzungen für einen Wettbewerbsverstoß durch diese Form der Werbung gegeben. Bei der angegriffenen Aussage „Schnapp Dir die günstige Gelegenheit […]“ handele es sich um eine an Kinder gerichtete Kaufaufforderung. Dabei sei nicht entscheidend, ob das Rollenspiel auch von Erwachsenen gespielt würde. Vielmehr komme es darauf an, ob sich die Werbung „auch“ an Minderjährige richte.
In der Aussage „Schnapp Dir“ sieht der BGH zudem die Aufforderung zum Erwerb. Der BGH nimmt die durch die Werbung gegenüber Kindern beruhende leichte Beeinflussung bei einer Kaufentscheidung als gegeben an.
Der Kaufappell fordere die angesprochenen Kinder zudem auf, selbst die beworbenen Produkte zu erwerben. Insoweit widerspricht der BGH dem Berufungsgericht, welches in diesem Fall wegen der Verlinkung zu der Verkaufsseite einen wesentlichen Zwischenschritt zwischen Aufforderung in der Werbung und Entstehung des Erwerbsentschlusses sah. Der BGH weist auf Interpretation des Gesetzes hin, nach der auf eine Angabe von Preisen und Merkmalen des beworbenen Produktes in der Werbung im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit angesprochener Kinder nicht erforderlich ist.
Letztlich sieht der BGH auch keinen wesentlichen Zwischenschritt zwischen Werbung und Kaufentscheidung, da hierdurch ein einheitliches Werbegeschehen entgegen den Gewohnheiten der angesprochenen Verkehrskreise künstlich aufgespalten würde. Hierbei sei insbesondere der Umstand nicht als Zwischenschritt zu werten, dass die Verkaufsseite erst über die Aktivierung des Links im Werbetext zu erreichen ist.
Ausblick
Bei der Entscheidung des BGH ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Versäumnisurteil handelte. Ein solches Urteil ergeht immer dann, wenn eine Partei keinen Antrag in einer mündlichen Verhandlung stellt. Wesentliche Streitfragen gelten dann ggf. als zugestanden. Trotzdem kann dem Urteil Wichtiges entnommen werden; unter anderem für die Frage, ob verlinkter Werbung der Inhalt auf die Verlinkung zugeordnet werden kann.
Bei der Gestaltung von Werbung in Online-Spielen wird das Urteil zukünftig Bedeutung finden müssen, da die werbliche Ansprache der Teilnehmer zunehmend die tragende Säule dieses Geschäftsmodelles darstellt.