Kirchengerichtshof der EKD prüft nur von der Mitarbeitervertretung vorgetragene Gründe
Möchte eine kirchliche Dienststelle im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland eine ordentliche Kündigung aussprechen, so bedarf dies der Mitbestimmung der kirchlichen Mitarbeitervertretung (MAV). Lehnt sie die Zustimmung ab, so kann die Dienststelle ein Kirchengericht anrufen. Der Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland (KGH EKD) hat mit Beschluss vom 10.12.2012 (Az. KGH.EKD I-0124/U23-12) entschieden, dass ein Kirchengericht nur die rechtzeitig von der Mitarbeitervertretung (MAV) schriftlich vorgetragene Gründe prüft.
Übersicht
- Wie funktioniert die eingeschränkte Mitbestimmung bei der ordentlichen Kündigung?
- Inwiefern werden Gründe zur Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung im kirchengerichtlichen Verfahren berücksichtigt?
- Wie wirkt es sich aus, falls die Einholung von Rechtsrat verhindert wurde?
- Fazit
Wie funktioniert die eingeschränkte Mitbestimmung bei der ordentlichen Kündigung?
Wenn eine evangelische, kirchliche Dienststelle einem Beschäftigten eine ordentliche Kündigung aussprechen möchte, muss die kirchliche Dienststelle zunächst die Mitarbeitervertretung (MAV) nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) beteiligen. Andernfalls ist die von der kirchlichen Dienststelle beabsichtigte Maßnahme unwirksam. Erfolgt die Einbeziehung der Mitarbeitervertretung (MAV) ordnungsgemäß, kann die Mitarbeitervertretung (MAV) innerhalb von zwei Wochen der Kündigung zustimmen, ihr widersprechen, eine mündliche Erörterung beantragen oder schweigen. Äußert sich die Mitarbeitervertretung (MAV) innerhalb der zwei Wochen nicht, gilt dies als Zustimmung zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung. Wird gegenüber der kirchlichen Dienststelle eine Erörterung beantragt, gilt die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung dann als erteilt, wenn die Mitarbeitervertretung (MAV) die Zustimmung nicht innerhalb von weiteren zwei Wochen nach Abschluss der Erörterung schriftlich und begründet verweigert. Die Mitarbeitervertretung kann ihre Zustimmung aber insgesamt nur dann verweigern, wenn die Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verstößt.
In dem Fall, den der Senat für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten beim Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland (KGH EKD) in zweiter Instanz zu entscheiden hatte, beantragte die Dienststelle die Zustimmung der Mitarbeitervertretung (MAV) zur ordentlichen Kündigung von insgesamt zwei ihrer Beschäftigten. Die Mitarbeitervertretung (MAV) beantragte, die Erörterung der Dienststelle und verweigert nach zweimaliger Anhörung und Erörterung ihre Zustimmung zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung. Daraufhin rief die kirchliche Dienststelle das Kirchengericht an und beantragte, festzustellen, dass es für die Mitarbeitervertretung (MAV) keinen gesetzlichen Grund gab, der Zustimmung zu den beabsichtigten Kündigungen zu widersprechen. Im Ergebnis wurde der kirchlichen Dienststelle vom Kirchengericht Recht gegeben.
Inwiefern werden Gründe zur Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung im kirchengerichtlichen Verfahren berücksichtigt?
Erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Schlichtungsstelle und damit vor dem Kirchengericht der ersten Instanz trug die Mitarbeitervertretung (MAV) vor, die Zustimmung zur Kündigung sei zu verweigern gewesen, weil die Kündigung gegen eine Sicherungsordnung verstoßen habe. Doch dieser Vortrag erfolgte verspätet und wäre sebst dann nicht mehr berücksichtigungsfähig gewesen, wenn er berechtigt gewesen wäre. Der Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland (KGH EKD) macht in zweiter Instanz deutlich, dass die Mitarbeitervertretung (MAV) bereits bei der schriftlich zu begründenden Verweigerung der Zustimmung, alle Gründe gegenüber der kirchlichen Dienststelle vorzutragen haben. Gründe, auf die sich die Mitarbeitervertretung (MAV) in ihrer fristgebundenen Stellungnahme nicht beruft, können im anschließenden kirchengerichtlichen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Die Begründung muss vielmehr spätestens mit der abschließenden Verweigerung der Zustimmung gegeben werden (ebenso KGH EKD, Beschl. v. 11.01.2010, II-0124/P32-08 - KuR 2/2010, S. 286). Der Gesetzgeber verlangt von der Mitarbeitervertretung nämlich, dass innerhalb bestimmter Fristen nach Abschluss einer Erörterung Klarheit über die Erteilung der Zustimmung, aber auch über die Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung bestehen soll.
Wie wirkt es sich aus, falls die Einholung von Rechtsrat verhindert wurde?
Im Rahmen eines obiter dictum wies der Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland (KGH EKD) jedoch auf eine Ausnahme hin. Ausnahmsweise, wenn nämlich die kirchliche Dienststelle die Mitarbeitervertretung (MAV) daran gehindert habe, sich rechtlich beraten zu lassen, könne die Ausschlussfrist zur rechtzeitigen Darlegung der Gründe zur Verweigerung der Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung, nicht greifen. Die kirchliche Dienststelle habe nämlich zu gewährleisten, dass sich die Mitarbeitervertretung (MAV) die für ihre Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse verschaffen kann. Wenn die kirchliche Dienststelle dies jedoch verhindere, obwohl die Mitarbeitervertretung (MAV) rechtzeitig die Einholung eines Rechtsrats verlangt habe, würde man zugunsten der kirchlichen Dienststelle kaum berücksichtigen können, dass die Mitarbeitervertretung (MAV) einen Grund nicht rechtzeitig innerhalb der laufenden Fristen vorgebracht habe.
Fazit
Im kirchlichen Mitbestimmungsrecht kommt es auf die Einhaltung formaler Anforderungen und auf die Einhaltung von Fristen an. Die Anforderungen sind deutlich höher als beispielsweise im staatlichen Betriebsverfassungsrecht. Kirchliche Dienststellen, die sich im Rahmen von Kündigungssachverhalten von Anfang an rechtlich kompetent beraten lassen, haben bessere Chancen.