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Konsequenzen aus dem Bundesgerichtshof-Urteil zu den Sondertilgungsrechten

Mit Urteil vom 19. Januar 2016 hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe für einen mindestens mittelgroßen Paukenschlag gesorgt. Sofern der Darlehensnehmer mit seiner Bank Sondertilgungsrechte vereinbart hat, dann bleibt dieser Vorteil in aller Regel auch dann erhalten, wenn das Darlehen insgesamt vorzeitig abgelöst wird. Dies bedeutet, dass sich die Vorfälligkeitsentschädigung verringert um die bei Vertragsschluss vereinbarten Sondertilgungshöhen.

 


Überblick:

  • Was sind sogenannte Sondertilgungen?
  • Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?
  • Wie entschied der Bundesgerichtshof?

Was sind sogenannte Sondertilgungen?

Unter Sondertilgung versteht man die Möglichkeit außer der Reihe neben den im Darlehensvertrag vorgeschriebenen Tilgungszahlungen kompensationsfrei weitere Sondertilgungen des Kredites vorzunehmen. Für gewöhnlich beträgt die mögliche Sondertilgungshöhe 3-5 Prozent der Darlehenssumme; in einigen Fällen auch mehr.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist der Refinanzierungs- und Margenschaden der Bank, wenn das Festzinsdarlehen bis zum ursprünglich vorgesehenen Vertragsende vom Bankkunden bedient worden wäre. Denn Banken kehren nicht nur Geld in Form von Krediten aus, sondern „leihen“ sich selbst welches zu Refinanzierungszwecken. Es müssen jedoch nur die Gelder refinanziert werden, die durch eine Geldleihe an die Kunden ausgegeben werden, wie es bei einem Darlehen der Fall ist. Refinanzierungsmöglichkeiten bestehen zum Beispiel in Form von Kreditaufnahmen bei der Europäischen Zentralbank, am Kapitalmarkt, durch das Einlagengeschäft der Banken und durch Kreditverkäufe.

Wie entschied der Bundesgerichtshof?

Der Bundesgerichtshof kürzt die Vorfälligkeitsentschädigung nun ggf. um die vereinbarten Sondertilgungsrechte und argumentierte damit, dass die Bank als Vorfälligkeitsentschädigung neben dem Verwaltungsaufwand lediglich den Zinsschaden für ihre rechtlich geschützte Zinserwartung ersetzt verlangen könne. Sofern die Bank jedoch Sondertilgungsrechte eingeräumt habe, gebe sie ihre Zinserwartung in Höhe der gewährten Sondertilgung auf und sei sie insoweit nicht schutzwürdig. Entsprechend sei die Vorfälligkeitsentschädigung zu reduzieren. Viele Geschäftsbanken haben in der Vergangenheit ihren Kunden solche Sondertilgungsrechte eingeräumt (auch da dies bei den konkurrierenden Direktbanken immer üblicher wurde) und gleichzeitig in die Vertragsbedingungen Klauseln eingefügt, wonach im Falle der vorzeitigen Darlehensablösung bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ein Abzug in Höhe der eingeräumten Sondertilgung nicht stattfinde.

Solche Klauseln erklärte der Bundesgerichtshof in seinem dargestellten Urteil als nicht mit der gesetzlichen Regelung des § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB für vereinbar und damit für nichtig. Danach hat der Kreditnehmer den Kreditgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung). Vereinfacht ausgedrückt entsteht der Bank jedenfalls dann kein Schaden in Höhe der vereinbarten Sondertilgungen, wenn diese bis zum Vertragsende jederzeit damit rechnen musste, dass der Kunde von seinem Sondertilgungsrecht Gebrauch macht. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes erscheint konsequent.

Zum einen besagt § 249 Abs. 1 BGB, dass wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die geschädigte Kreditgeberin ist bei der Vorfälligkeitsentschädigung deshalb so zu stellen, wie sie stünde, ohne das schädigende Ereignis (vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrags). Ohne die Kündigung hätte die Bank jederzeit mit einem „Gewinnverlust“ in der eingeräumten Sondertilgungshöhe rechnen müssen, weshalb es nur sachgerecht ist, wenn die Banken dann nicht durch eine Kündigung noch Gewinn aus dieser Regelung ziehen kann.

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
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