Kurzüberblick für Arbeitgeber zu Arbeitsschutzverpflichtungen
Welche Prinzipien ergeben sich aus der EU – Arbeitsschutzrahmenrichtlinie (auszugsweise) ?
Regelungen zum Gesundheitsschutz und zur Arbeitssicherheit finden sich in erster Linie in der EU – Arbeitsschutzrahmenrichtlinie aus dem Jahre 1989, welche eine Art „Verfassung“ des betrieblichen Arbeitsschutzes darstellt. Daneben existieren zahlreiche EU-Einzelrichtlinien, die spezielle Gefährdungsgebiete regeln. Diese Richtlinie verpflichtet die Arbeitgeber, geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Arbeit gesünder und sicherer zu machen. Es geht dort sowohl um die technische Sicherheit als auch um die allgemeine Prävention von Gesundheitsschäden. Es soll damit im Bereich Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit ein homogenes Niveau bezüglich fast (Angehörige bestimmter öffentlicher Dienste sind beispielsweise davon ausgenommen) aller Arbeitnehmer geschaffen werden. Im Rahmen der sog. „Gefährdungsbeurteilung“ muss der Arbeitgeber – weitsichtig im Vorhinein - schädliche Wirkungen ermitteln und geeignete Maßnahmen ergreifen zur Bekämpfung möglicher Risiken und zwar direkt an der Quelle. Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei zu dokumentieren und Gefahren am Arbeitsplatz sind fortlaufend neu zu bewerten und dagegen sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen (zur Mängelbeseitigung) und hierzu ist auch Gebrauch zu machen von Unterweisungen.
Was bedeutet „duales System“ im Zusammenhang mit Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit?
Wenn im Zusammenhang mit Arbeitsschutz die Rede von einem „dualen System“ ist, dann soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass die gesetzlichen Unfallversicherungen einerseits und der Staat andererseits die Arbeitgeber verpflichten müssen, die Bestimmungen über Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit einzuhalten.
Welche Normen gehen von der Gesetzlichen Unfallversicherung aus ?
Gemäß § 14 I SGB VII (das SGB VII ist die Rechtsgrundlage für die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland) haben die Unfallversicherungsträger mit allen geeigneten Mitteln u.a. für die Verhütung von Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen und Gesundheitsgefahren zu sorgen. Zudem sollen diese präventiv Ursachenforschung betreiben hinsichtlich arbeitsbedingter Gefahren für die Gesundheit und das Leben. Neben Grundsätzen und Informationen gibt es Regeln und Vorschriften. Letztere sind eigenständig/autonom gesetztes verbindliches Recht für die Mitglieder der Berufsgenossenschaften (im Öffentlichen Dienst sind das die Gesundheitskassen und in der Privatwirtschaft die Berufsgenossenschaften).
Die sog. „DGUV Vorschrift 1“ bringt konkret alle wesentlichen Anforderungen zum Ausdruck, die jeder Unternehmer zu berücksichtigen hat im Zusammenhang mit Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit. Dort geht es um Verpflichtungen des gesamtverantwortlichen Unternehmers und geregelt sind dort auszugsweise die Thematiken Gefährdungsbeurteilung, Versichertenunterweisung und Pflichtenübertragung. Diese Vorschrift verpflichtet aber nicht einseitig die Arbeitgeber sondern auch die Arbeitnehmer, welche auch zur Gesundheit und Sicherheit ihren Beitrag leisten müssen sie betreffend aber auch Personen betreffend, die von ihrem Handeln berührt werden. Zudem geht es in der DGUV Vorschrift 1 um die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes und thematisiert wird auch die Betreuung/Einrichtung betreffend Sicherheitstechnik, Sicherheitsbeauftragter, Betriebsärzte, persönlicher Schutzausrüstung etc.
Die sog. „DGUV Vorschrift 2“ beschreibt neben der erforderlichen Fachkunde vor allem die Aufgaben der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung sowie die verschiedenen Betreuungsmodelle (Regelbetreuung oder alternative Betreuung), die sich nach der jeweiligen Betriebsgröße richten.
Welche Normen gehen vom Staat aus ?
Arbeitsschutzüberwachung ist zwar Ländersache (es gibt in den Bundesländern eigens eingerichtete Ämter für Arbeitsschutz u.a. zum Zwecke der Qualitätssicherung im Arbeitsschutzbereich und diese sind sowohl Ansprechpartner für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer) aber die maßgeblichen Bestimmungen stammen aus dem Bundesrecht. Aus § 618 BGB ergibt sich beispielsweise die Fürsorgeverpflichtung des Arbeitgebers und der Führungskräfte und die oben angerissene Arbeitsschutzrahmenrichtlinie ist in deutsches Recht umgesetzt worden in Form des Arbeitsschutzgesetzes. Zudem ist das Arbeitssicherheitsgesetz zu beachten (hier sind die Verpflichtungen der Arbeitgeber zur Bestellung von Betriebsärzten und Arbeitssicherheitsfachkräften sowie deren Aufgaben und betriebliche Position herausgestellt und es wird darin die betriebliche Zusammenarbeit bei der Unfallverhütung und beim Arbeitsschutz gefordert). Es liest sich gewisser Maßen wie ein Leitfaden für den Arbeitgeber in Sachen Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit. Daneben sind für den Arbeitsschutz auch andere Gesetze bedeutend wie z.B. das Produktsicherheitsgesetz.
Zudem sind einige Verordnungen zu beachten, z.B. die Maschinenverordnung, die Betriebssicherheitsverordnung, die Baustellenverordnung und die Arbeitsstättenverordnung. Daneben wird empfohlen, technische Regeln zu beachten, welche einzelne Verordnungen präzisieren, z.B. Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS).
Was gilt es bei größeren Betrieben zu beachten ?
Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten sind laut § 11 Arbeitssicherheitsgesetz verpflichtet, einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden. Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte haben eine unterschiedliche Gewichtung bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl. Der Arbeitsschutzausschuss muss vom Arbeitgeber selbst gegründet werden und eine Geschäftsordnung muss vom Arbeitgeber verfasst werden, die verpflichtende Inhalte enthält (z.B. über Zusammensetzung, Vorsitz und Beschlussfähigkeit). Verpflichtende Teilnehmer des Arbeitsschutzausschusses sind der Arbeitgeber oder ein von ihm Beauftragter, 2 Betriebsratsmitglieder/Personalratsmitglieder, Betriebsarzt / Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte nach § 22 SGB VII. Nach § 95 IV SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung eines Betriebes das Recht, am Arbeitsschutzausschuss beratend teilzunehmen und das Recht, die Belange eines oder aller Schwerbehinderten im Betrieb auf die Tagesordnung der nächsten Arbeitsschutzausschusssitzung aufnehmen zu lassen.
Wie muss Arbeitsschutz gewährleistet werden, wenn mehrere Unternehmen zusammen arbeiten?
Wenn zeitgleich an einem Arbeitsplatz Beschäftigte verschiedener Arbeitgeber zusammen arbeiten (z.B. auf einer Baustelle), haben die Arbeitgeber die Pflicht, bei der Durchführung von Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen zusammenzuarbeiten (vgl. § 8 Arbeitsschutzgesetz). Es muss mindestens ein Koordinator für Arbeitsschutz bestimmt und u.a. dessen Kompetenzen und Verantwortungen geregelt werden. Eine schematische Betrachtungsweise bzgl. der Haftungsfrage verbietet sich; diese ist individuell zu prüfen.
Welche Verpflichtungen haben Betriebsräte/Personalräte ?
Der vollständig weisungsfreie Betriebsrat/Personalrat hat u.a. dafür zu sorgen, dass Maßnahmen zur Einrichtung und Wahrung des Arbeitsschutzes eingeleitet und die geltenden Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden. Zudem hat er mitzuwirken bei der Berufung von Sicherheitsbeauftragten und mitzubestimmen bei Regeln zur Verhinderung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und über den Gesundheitsschutz. Ferner hat er mitzuwirken bei der Berufung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten, beim Abschluss von Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie bei der Gestaltung der Arbeitsplätze und im Arbeitsschutzausschuss.
Kann ein Arbeitgeber die Arbeitsschutzverpflichtungen auf einen Mitarbeiter „auslagern“?
Eine schriftliche vertragliche Auslagerung bzw. Übertragung der Arbeitsschutzverpflichtungen auf einen weisungsbefugten und geeigneten Mitarbeiter ist zulässig nach § 13 Arbeitsschutzgesetz. Die strafrechtliche Verantwortung bleibt allerdings trotz Übertragung beim Arbeitgeber. Die übertragenen Verantwortungsbereiche und eventuell das erforderliche Budget müssen klar definiert werden.
Wie muss ein Arbeitgeber gewährleisten, dass im Notfall Erste Hilfe geleistet werden kann?
Nach § 10 Arbeitsschutzgesetz muss der Arbeitgeber eine wirksame Erste Hilfe sicherstellen. Die Unfallversicherungsträger erlassen Unfallverhütungsvorschriften. Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass – auf eigene Kosten - zur Gefahrenrettung hinsichtlich Leben und Gesundheit das Personal (Betriebssanitäter, Ersthelfer) sowie die erforderlichen Einrichtungen bereitgestellt sind sowie nach einem Unfall unverzüglich Erste Hilfe geleistet und die benötigte ärztliche Versorgung in Gang gesetzt werden kann. Regelmäßig lagert der Arbeitgeber diese Aufgaben auf Betriebs- oder Dienststellenleiter aus. Es müssen – und dafür muss der Arbeitgeber Sorge tragen - genügend Ersthelfer zur Verfügung stehen.
Ilex Rechtsanwälte berät Arbeitgeber auch in Arbeitsschutzangelegenheiten bundesweit.