Musterklage wegen Datenschutzverletzung erhoben
Ein Gläubiger der die Zwangsvollstreckung einmal erfolglos betrieben hat, ist oftmals daran interessiert, dass der Schuldner die „Eidesstattliche Versicherung“ abgibt. Auf diese Weise gelangt der Gläubiger an Informationen über die Vermögensverhältnisse des Schuldners. Die Versicherung an Eides statt ist im deutschen Recht eine besondere Beteuerung, durch die derjenige, der Versichernde, bekräftigt, dass eine bestimmte Erklärung der Wahrheit entspricht. In der Zwangsvollstreckung bekräftigt der Schuldner deshalb, dass die Angaben über seine Vermögensverhältnisse richtig und vollständig sind. Verpasst der Schuldner jedoch dem vom Gerichtsvollzieher festgesetzten Termin zur Abgabe dieser Erklärung, besteht die Möglichkeit, dass ein Haftbefehl zur Erzwingung erlassen wird. Sowohl die Tatsache der Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung, als auch der etwaige Erlass eines Haftbefehls werden in einem Schuldnerverzeichnis bei den Amtsgerichten am Wohnsitz des Schuldners eingetragen und bleiben in der Akte regelmäßig für drei Jahre stehen. Dieses Verzeichnis kann öffentlich eingesehen werden und seit jeher wird dieses von Rechtsanwälten eingesehen, die Gläubiger vertreten und auf diese Weise die Vermögensverhältnisse des Schuldners recherchieren möchten. Diese Vorgehensweise hat schon sich seit 1879 eingespielt, denn so lange existiert die deutsche Zivilprozessordnung schon. Doch im Zeitalter der Informationsgesellschaft gibt es eine nicht ganz unbedeutende Neuerung: private Auskunfteien besorgen sich ebenfalls die Daten aus dem Schuldnerregister und digitalisieren sie in ihren Datenbestand. Seitdem gibt es neben dem staatlichen Schuldnerregister parallel noch mehrere private Datenbanken und jetzt sind die Daten an allen Orten der Welt und rund um die Uhr abrufbar. Ob diese Auslagerung privater Daten in private Datenbanken jedoch rechtlich zulässig ist, ist durchaus umstritten.
Übersicht:
- Was passiert, wenn Daten aus dem Schuldnerregister in einer digitalen Datenbank stehen?
- Rechtliche Zulässigkeit umstritten
- Musterklage erhoben
Was passiert, wenn Daten aus dem Schuldnerregister in einer digitalen Datenbank stehen?
Wenn Daten aus dem Schuldnerregister eines Amtsgerichtes von rein privaten Auskunfteien digitalisiert und in riesige Datenbankbestände aufgenommen werden, ist dies durchaus eine Veränderung, die die bisherige Rechtspraxis auf den Kopf stellt. Das beginnt bereits auf der Folgenseite: man muss sich einmal ausmalen, was passiert, wenn kontoführende Bank obligatorisch den Datenbestand der Schufa abfragt und dort über ihren Kunden das Wort „Eidesstattliche Versicherung“ oder „Haftbefehlt erlassen“ entdeckt. Die bereits bestehenden Konten- und Kartenverträge werden spätestens jetzt gekündigt, Unternehmer verlieren umgehend ihre Vertragspartner und Angehörige der Finanzbranche ihre Anstellung. Nicht nur die sich bereits andeutende wirtschaftliche Schieflage wird nunmehr komplettiert und endgültig, sondern auch jeder Neuanfang unmöglich gemacht. Neuerdings wollen selbst potentielle Vermieter oder sonstige Vertragspartner vor Vertragsschluss eine Schufa-Selbstauskunft einsehen. Deshalb ist dem Betroffenen spätestens jetzt nicht bloß die Möglichkeit genommen, am Wirtschaftsleben teilzunehmen, sondern unter Umständen auch eine Wohnung anzumieten. Dabei stellt sich die Frage, ob diese moderne Form des "Schuldner-Prangers" überhaupt im Interesse der Gläubiger ist. Das Interesse der Gläubiger, die über einen 30 Jahre gültigen, vollstreckbaren Titel verfügen, besteht nämlich nicht im dauerhaften wirtschaftlichen Ruin ihres Schuldners, sondern in der Wiederherstellung seiner Zahlungsfähigkeit, um die Schulden eines Tages auch erfolgreich eintreiben zu können.
Rechtliche Zulässigkeit umstritten
Dabei ist die Zulässigkeit der Weitergabe von Daten aus dem Schuldnerregister an private Auskunfteien durchaus umstritten. Die Zulässigkeit wurde zwar während des Gesetzgebungsverfahrens beim Erlass der EU-Datenschutzrichtlinie diskutiert und die Frage aufgeworfen, ob man die Weitergabe dieser Daten an private Auskunfteien in der Richtlinie ausdrücklich gestatten sollte? Der EU-Richtliniengesetzgeber hat sich jedoch entschlossen, die dafür vorgesehene Bestimmung in der Richtlinie ausdrücklich zu streichen und hat auf eine solche Regelung verzichtet. Daraus kann man im Umkehrschluss ableiten, dass die Weitergabe von personenbezogenen Daten aus dem Schuldnerregister an private Auskunfteien, die diese Daten digitalisieren und weltweit zum Abruf bereit halten, vom Gesetzgeber auch nicht als zulässig angesehen wird. Andernfalls hätte der Gesetzgeber diese Bestimmung im Gesetzgebungsverfahren sicherlich nicht ausdrücklich streichen müssen.
Musterklage erhoben
Die Kanzlei Schulte am Hülse hat nunmehr eine Musterklage erhoben, bei der die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten auf dem rechtlichen Prüfstand steht.