Prozesserfolg für ilex: Landgericht Berlin verhängt Zwangsgeld (15.000,00 €) gegen die Schufa wegen unzureichender Auskunft
Potsdam, 15. November 2013. Das Landgericht Berlin hat mit Beschluss vom 31. Oktober 2013 (Az. 6 O 479/10 - hier als pdf abrufbar), der ilex erst seit kurzem vorliegt, gegen die Schufa Holding AG ein Zwangsgeld von 15.000,00 € verhängt. Hintergrund ist, dass die Schufa Holding AG nach Ansicht des Landgerichts Berlin bis heute noch nicht das rechtskräftige Urteil vom 1. November 2011 (Az. 6 O 479/10) erfüllt hatte, wonach sie verurteilt wurde, einem ilex Mandanten einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form Auskunft darüber zu erteilen, wie es zu dem schlechten Branchenscorewert in Höhe von Kategorie „I“ kommt. Damit folgt das Landgericht Berlin einem von ilex formulierten Antrag. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.
Gliederung:
1. Vorgeschichte
Der klagende Unternehmer wunderte sich darüber, dass er von einem potentiellen Vertragspartner eine Vertragsabsage mit der Begründung erhielt, der Scorewert bei der Schufa Holding AG sei zu schlecht. Tatsächlich war der von der Schufa Holding AG berechnete Score, also die Wahrscheinlichkeit, dass der Unternehmer einer bestimmten Branche gegenüber seine Verbindlichkeit erfüllen werde (Score) sehr niedrig, obwohl die Daten des Unternehmers dies aus seiner Sicht nicht hergaben. Der von ilex formulierten Klage gab das Landgericht Berlin, zunächst soweit es den Auskunftsanspruch betrifft, mit Teilurteil vom 1. November 2011 statt (ilex berichtete). Die Schufa legte hiergegen Berufung ein. Als allerdings das Berufungsgericht (hier das Kammergericht) in der Berufungsverhandlung zu verstehen gab, dass es die Berufung, soweit es den Auskunftsanspruch betrifft, zurückweisen und sich damit dem Landgericht Berlin anschließen werde, nahm die Schufa Holding AG die Berufung zurück (ilex berichtete).
Daraufhin unternahm die Schufa Holding AG in mehreren Schreiben den Versuch, das Urteil des Landgerichts Berlin zu erfüllen. Doch der Unternehmer konnte - selbst nach sorgfältigster Analyse dieser Schreiben - noch immer nicht nachvollziehen, wie es zu seinem Score gekommen war.
Daher beantragte ilex für den Unternehmer, dass die Schufa Holding AG nunmehr zu der vollständigen Auskunft gezwungen werden soll. Hierfür wurde die Verhängung eines Zwangsgeldes beantragt.
2. Beschluss
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2013 gab das Landgericht Berlin diesem Antrag statt.
Nach Auffassung des Landgerichts Berlin hat die Schufa Holding AG den Auskunftsanspruch nach § 34 Absatz 4 Zf. 4 BDSG nicht dadurch erfüllt, dass sie lediglich allgemeine Angaben mitteilt, die eine nachvollziehbare Berechnung des streitgegenständlichen Scores nicht erlauben. Wenn die Schufa dem Betroffenen die einzelnen, für seinen Score maßgeblichen Datenkategorien mitteilt, so das Landgericht Berlin weiter, erfüllt sie den gegen sie gerichteten Auskunftsanspruch damit nur, wenn sie diese Angaben inhaltlich konkretisiert und auf die Person des Betroffenen hin genau bestimmt. Die Mitteilung, in einer bestimmten Branche sei die Ausfallwahrscheinlichkeit höher, ist nach Ansicht des Landgerichts Berlin nicht geeignet, den Auskunftsanspruch nach § 34 Absatz 4 Zf. 4 BDSG zu erfüllen, sofern die Schufa Holding AG nicht näher erläutert, was dies mit der Person des Betroffenen zu tun hat. Die bloße Auskunft, die Scoreberechnungen beruhten auf statistisch unterlegten Tatsachen, genügt dem Auskunftsanspruch nach § 34 Absatz 4 Zf. 4 BDSG nur, wenn die Auskunftei diese Statistiken auch offenlegt.
3. Fazit
Bereits vor 5 Jahren, nämlich am 30. Juli 2008 stellte das Bundesministerium des Inneren fest, dass die Praxis zeige, dass die Betroffenen "die von einer Auskunftei ihnen oder ihren potentiellen Vertragspartnern erteilte Auskunft oftmals nicht nachvollziehen können. Selbst wenn die Verbraucher sich selbst um Auskunft bemühen, also von der Auskunftei eine schon heute mögliche sog. Selbstauskunft einholen, bleiben viele Fragen offen." (Pressemitteilung hier abrufbar). Deshalb, so das zuständige Ministerium damals, müsse das Bundesdatenschutzgesetz mit dem Ziel reformiert werden, den Betroffenen zu ermöglichen, ihre "Interessen sachgerecht gegenüber dem (potentiellen) Geschäftspartner zu vertreten." Daher schuf der Gesetzgeber den neuen § 34 Absatz 4 Zf. 4 BDSG, wonach Auskunfteien verpflichtet sind, auf Verlangen des Betroffenen, Auskunft über das Zustandekommen und die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitswerte einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form zu erteilen.
Wann die Auskunfteien diese Pflicht erfüllen, ist unter Juristen sehr umstritten. Das Landgericht Berlin hat nunmehr festgestellt, dass im konkreten Fall des Mandanten von ilex dieser Anspruch nicht erfüllt wurde - auch nicht, nachdem die Schufa Holding AG dazu verurteilt wurde. Dabei sind die Formulierungen des Landgerichts eindeutig und geben klare Anhaltspunkte, wie die Auskünfte künftig aussehen müssen.