Prozesserfolg im eCommerce: Landgericht Berlin erlässt eine einstweilige Verfügung wegen des Anhängens an ein Angebot bei Amazon
In der Vergangenheit beschäftigen sich bereits zahlreiche Gerichte mit den besonderen Ausprägungen des Internethandels auf der Onlinehandelsplattform Amazon. Hier können sich Verkäufer eines identischen Kaufgegenstandes an das Angebot eines weiteren Händlers „anhängen“. Das ist aus Übersichtlichkeitsaspekte im Interesse der Käufer sinnvoll. Der schmale Grat zu einer teuren Marken- und Wettbewerbsrechtsverletzungen ist aber schnell überschritten.
Übersicht:
Der Fall
Ein Händler bot bei Amazon ein Produkteset an, welches er nur an Endverbraucher verkaufte. Der Händler musste schon bald feststellen, dass weitere Händler sich an sein Angebot „angehängt" hatten.
In der Folge mehrten sich die negativen Bewertungen von Käufern, die das Fehlen einer Gebrauchsanleitung bemängelten. Der Amazon-Händler konnte jedoch ausschließen, dass sein Produkte sein Haus ohne Anleitung verließen. Deshalb – und natürlich aus dem Umstand, dass der Händler nur an Endkunden verkaufte, nicht also an Wiederverkäufer – lag der Schluss nahe, dass die sich anhängenden Händler ein anderes Produkt verkauften, ein Produkt nämlich, das keine Gebrauchsanleitung enthielt. Der Amazon-Händler wandte sich an die Anwälte der Kanzlei ilex. Die Anwälte beantragten den Erlass einer eine einstweilige Verfügung, die es Amazon-Händler verbieten sollte, sich an das Produkt ihres Mandanten anzuhängen. Dabei stützten sie den Unterlassungsanspruch darauf, dass das Anhängen eine unlautere Wettbewerbshandlung sei.
Die Entscheidung
Die Wettbewerbskammer des Landgerichts Berlin entschied (die Entscheidung finden Sie hier) zu Gunsten des Amazon-Händlers, dass andere Amazon-Händler durch das Anhängen irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der von ihnen zum Verkauf angebotenen Produkte machten. Durch Benutzen der so genannten GTIN - neue Artikel können in der Regel bei Amazon nur dann eingestellt werden, wenn der Händler für den jeweiligen Artikel eine sogenannte GTIN (Global Trade Item Number), früher EAN (European Article Number), vorweisen kann - sowie durch den Gebrauch einer dem Amazon-Händler individuell durch die Internethandelsplattform Amazon zugeordnete Identifikationsnummer (ASIN) und/oder durch Übernahme des Angebotstextes des Amazon-Händlers täuschten die sich an hängenden Amazon-Händler darüber, dass deren angebotene Produkte aus dem Haus des Amazon-Händlers kämen, der das Produkt ursprünglich eingestellt hat und insoweit Inhaber der GTIN als auch der ASIN ist.
Fazit
Die Entscheidung des Landgerichts Berlin ist begrüßenswert. Das System der Internethandelsplattform Amazon, in welchem sich Händler an ein Angebot anhängen können, wenn sie genau den gleichen Artikel verkaufen, macht sicherlich Sinn. Die Möglichkeit des Anhängens ist jedoch vor allem erst einmal sehr bequem. Hat sich doch schon ein anderer die Mühe gemacht, das Produkt anschaulich zu präsentieren und einen marketingfreundlichen Angebotstext zu verfassen. Die AGB von Amazon enthalten hierzu (nicht eindeutige) Bestimmungen, dass der einstellende Händler die Rechte an seinen Bildern und Texten an Amazon zu diesem Zweck abtritt. Die Grenze zum unlauteren Wettbewerb ist jedoch dann überschritten, wenn der angehängte Händler nicht genau das gleiche Produkt verkauft. Für diesen Fall ist die Möglichkeit des Anhängens gerade nicht gegeben. Es kann auch nicht im Interesse der Internethandelsplattform sein, dass vermeintlich gleiche Produkte angeboten werden, die dann beim Käufer zum bösen Erwachen führen.