Verkauf öffentlichen Vermögens: Was verschuldete Kommunen und Investoren beachten müssen
Ein zentrales Problem der Kommunalpolitik ist die Schuldenlast. "Kommunen" wie Dresden und Düsseldorf haben nun vorgemacht, wie eine Entschuldung aussehen kann. Durch den Verkauf öffentlichen Vermögens bauten die jeweiligen Kämmerer ihre Schulden erfolgreich ab. Ob aber eine Veräußerung sinnvoll ist, entscheiden politische Mehrheiten; dabei fällt die Frage, ob die Veräußerung mit geltendem Recht vereinbar ist, viel zu häufig unter den Tisch. Gerade aber die Rechtswidrigkeit der Veräußerung kann zu unangenehmen Schadenersatzforderungen gegen die Gemeinden und zu vergebenen Aufwendungen der Investoren führen. Am Ende wächst die Schuldenlast, obwohl sie sinken sollte. Dem kann aber bei der Vertragsgestaltung entgegengewirkt werden. ilex zeigt die wichtigsten Fallstricke auf.
Gliederung
1. Das vergessene Bürgerbegehren - Der Fall Wiesbaden
In Wiesbaden trug sich folgender Fall zu (ilex berichtete): Die Stadt Wiesbaden beschloss im Februar 2012 den Verkauf selbst gehaltener Gesellschaftsanteile. Da der Investor, der die Anteile abkaufen wollte, eine schnelle Abwicklung wollte, beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Verkauf und setzte für den Vollzug einen frühen Termin an. Zwischen Beschluss der Stadtverordnetenversammlungen und beabsichtigtem Vollzug lagen weniger als acht Wochen. Das ist zu kurz, entschied das zuständige Verwaltungsgericht. Denn die Hessische Gemeindeordnung gibt Bürgern das Recht, gegen solche Entscheidungen ein Bürgerbegehren vorzubringen und räumt den Bürgern dafür eine (Bedenk-)Frist von acht Wochen ein. Wenn der Beschluss vor diesen acht Wochen vollzogen ist, wird den Bürgern etwas weggenommen, nämlich ihre gesetzlich garantierte Bedenkzeit. Sie müssen dann früher handeln und das ist nicht mit dem Verwaltungsrecht vereinbar. Obwohl noch gar kein Bürgerbegehren eingereicht war, stoppte das Verwaltungsgericht den Vollzug des Kaufvertrages. Die Frist müsse erst abgewartet werden.
2. Altlasten
Ein weiteres Problem bei der Veräußerung öffentlichen Vermögens sind die Altlasten. Immobilien gehören zum wertvollen Tafelsilber der Kommunen. Wenn sie verkauft werden, stellt sich häufig die Frage, ist das Grundstück mit Altlasten "gesegnet". Oftmals gibt es hier zwei Wege: ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss gegen einen geringeren Preis oder kein Gewährleistungsausschluss gegen einen höheren Preis. Doch bei diesem Schwarz-Weiß-Denken können sich sowohl die Gemeinden als auch die Investoren verrechnen. Denn stellt sich nach Vollzug des Verkaufs heraus, dass die jeweilige Immobilie Altlasten hat, wird oftmals der Neueigentümer verpflichtet, das Grundstück - auf eigene und erhebliche Kosten (!) - zu sanieren. Dann wird er oftmals auf die Gemeinde zugehen und versuchen, sie in Anspruch zu nehmen. Rechtlich ist dies möglich, nach § 24 des Bundesbodenschutzgesetzes. Kommunale Entscheidungsträger, die nun freudestrahlend ihren hart erkämpften Gewährleistungsausschluss entgegenhalten, müssen hoffen, beim richtigen Gericht zu laden. Zwischen den Senaten des Bundesgerichtshofes ist zum Beispiel sehr umstritten, ob der Gewährleistungsausschluss auch den Anspruch nach § 24 BBodSchG umfasst. Hier ist allen Beteiligten zu empfehlen, genau hinzuschauen.
3. Allgemeine Hinweise
Grundsätzlich ist sowohl den Kommunen als auch Investoren folgendes Vorgehen bei Verträgen über öffentliches Vermögen anzuraten:
Die Vertragsanbahnung ist gut vorzubereiten; etwa mit anwaltlicher, betriebswirtschaftlicher und/oder psychologischer Beratung. Hierbei ist v.a. die Kommunikation der Vorgänge in die Öffentlichkeit hinein vorzubereiten.
Die Vertragsverhandlungen sind transparent zu gestalten. Es sollten stets mehrere Lösungskonzepte an einem runden Tisch besprochen werden.
Bei der Formulierung der Verträge ist das Verwaltungsrecht (z.B. Bürgerbegehren usw.) zu beachten.
4. Fazit
Im Ergebnis zeigt sich, dass die Grundsätze des Verwaltungsrechts durchaus auch auf das Vertragsrecht ausstrahlen. Der Grund liegt auf der Hand: Das öffentliche Eigentum "geht jeden etwas an". Gemeinden und Investoren ist zu empfehlen, ihre Entscheidungsprozesse transparent zu machen und gegen alle verwaltungsrechtlichen Unwägbarkeiten abzuklopfen. Hierbei ist Kreativität gefragt; denn Fälle wie der aus Wiesbaden finden sich nicht in der juristischen Ausbildungsliteratur.