Veröffentlichung von Fotos zu (Be-) Werbungszwecken im Internet verboten?
Stellen wir uns folgenden Fall vor: Ein Kunde begibt sich in das Geschäftslokal eines Fotostudios und lässt Bewerbungsfotos mit einer Digitalkamera von sich anfertigen. Tätig war die Auszubildende des Ladens. Der Kunde zahlt insgesamt 74,50 Euro. Dafür erhielt er eine Reihe von Bilddateien auf einer CD-ROM, einige in geringerer Auflösung und kleinerer Dateigröße. Der Kunde veröffentlichte im Folgenden eines dieser Fotos auf seiner Internetseite, mit der er sich als selbständiger Berater potentiellen Kunden präsentiert. Das genau aber darf er nach Ansicht des Landgerichtes Köln nicht. Die Betreiberin des Fotostudios nahm den Kunden im Eilverfahren auf Unterlassung in Anspruch. Was steckt dahinter? Warum darf der Kunde mit seinem Foto nicht machen was er will, schließlich ist er darauf abgebildet, und schließlich hat er es auch bezahlt?
Übersicht:
- Urheber- und Urhebernutzungsrechte
- Wirtschaftliche Hintergründe?
- Welche Rechtsgründe gibt es?
- Besonderheiten beim Internet
- Verkommt das Urheberrecht zum Verhaltensrecht?
Urheber- und Urhebernutzungsrechte
Die Besitzerin des Fotostudios forderte nicht etwa die Nennung ihres Namens oder gar Geld für die Verwendung der Fotos im Internet. So wie es aussieht, ging es der Frau ums Prinzip, genauer: um ihr Recht als Urheberin. Zwar hatte sie das Foto nicht persönlich angefertigt, sondern die Auszubildende. Als Betreiberin des Fotostudios hat sie allerdings die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem von ihrer Angestellten angefertigten Foto, denn gemäß § 43 Urheberrechtsgesetz (UrhG) stehen die Nutzungsrechte an Werken, die in Erfüllung eines Arbeitsvertrages geschaffen werden, im Regelfall dem Arbeitgeber zu.
Aus der Sicht des betroffenen Kunden könnte man meinen, die Verwendung eines Bewerbungsfotos im Internet sei üblich und zeitgemäß und müsse nicht explizit mit dem Fotografen abgesprochen werden. Stattdessen, so könnte man denken, müsse ein Fotograf mit einer solchen Nutzung rechnen und diese ausdrücklich ausschließen, wenn er etwas dagegen hat. Das Landgericht Köln sah dies in seinem Urteil vom 20.12.2006 (28 O 468/06) anders. Nicht der Fotograf ist gefordert, sondern der Kunde hätte ausdrücklich auf eine geplante Nutzung im Internet hinweisen müssen.
Wirtschaftliche Hintergründe?
Früher, als die Zeiten noch anlog waren, behielt der Fotograf das Negativ. Für jeden weiteren Abzug musste der Kunde erneut bezahlen, mit einem Bild war also im Idealfall ein mehrfacher Umsatz möglich. Heute bekommt ein Fotograf nur noch einmal Geld für seine Leistung, denn auch ohne die Bilddatei auf einer CD-ROM kann mittlerweile jedes Kind mithilfe von Scanner und Drucker selbst Abzüge herstellen. Höhere Preise zu verlangen wäre eine Möglichkeit. Die Betreiberin des Fotostudios jedenfalls, die gerichtlich gegen die Veröffentlichung eines Fotos im Internet vorgeht, tut letztendlich nichts anderes als etwa die Musikindustrie, die sich mit zweifelhaften Kampagnen und kopiergeschützten CDs gegen Raubkopierer zur Wehr setzt. Kundenfreundlich ist das sicher nicht, aber das steht auch nicht zur Debatte. Das Problem liegt vielmehr im Urheberrecht selbst.
Welche Rechtsgründe gibt es?
Die Kölner Richter haben dargelegt, dass ein von einem Fotografen angefertigtes Bewerbungsfoto sich als urheberrechtlich geschütztes Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG darstellt. Das Urheberrechtsgesetz sieht vor, dass sowohl der Besteller eines Fotos als auch der Abgebildete das Recht haben, dieses zu vervielfältigen und an Dritte weiterzugeben. Allerdings könne das Recht auf eine „öffentliche Zugänglichmachung“ (§ 19a UrhG), wie es das Einstellen auf eine weltweit erreichbare Internetseite darstellt, aus diesem Recht nicht abgeleitet werden. Ausdrücklich erlaubt sei dagegen „die Vervielfältigung sowie die unentgeltliche und nicht zu gewerblichen Zwecken vorgenommene Verbreitung eines Bildnisses“. Hier wird also zwischen privater und gewerblicher Veröffentlichung unterschieden.
Besonderheiten beim Internet
Im Umkehrschluss mag man aus diesen Entscheidungsgründen schließen, solange man sich im privaten Bereich bewegt, mag man mit seinem Foto machen, was man will – auch wenn es von jemand anderem angefertigt wurde. Das klingt zwar plausibel und eindeutig – eindeutiger aber, als es in der Lebenswirklichkeit ist. Denn im Internet verschwimmen die Grenzen zwischen privat und öffentlich. Das Foto auf einer privaten Homepage, die sich nur an Freunde und Bekannte richtet, mag man vielleicht noch am ehesten dem privaten Bereich zuordnen. Doch wie ist es, wenn sich der Betreiber auf seiner Internetseite darin zumindest teilweise auch beruflich darstellt? Was ist mit Netzwerken und Internet-Communitys wie MySpace, StudiVZ oder XING, die mehr oder weniger auch gewerblichen Zwecken oder berufsanbahnenden oder doch nur privaten Zwecken dienen?
Verkommt das Urheberrecht zum Verhaltensrecht?
Immer mehr Menschen sind heutzutage als Anwender digitaler Technologien von Urheberrechtsfragen betroffen, demgegenüber wird das Regelwerk zum Urheberrecht zunehmend komplexer und damit für den „Normalbürger“ intransparent. Betrachtet man dann noch die Straftatbestände des Urheberrechtsgesetzes, welches sich für Betroffene nicht bloß als scharfes Sanktionsinstrument, sondern auch als Überraschung heraustellen können, so werden Menschen schnell zu Straftätern, nur weil sie sich eine Musikdatei aus dem Internet herunterladen oder eben ein professionell angefertigtes Foto auf ihre Homepage gestellt haben. Kritiker bemängeln, dass das allgemeine Interesse an Nutzungs- und Zugangsfreiheiten in der Wissensgesellschaft gegenüber den Schutzrechten für das geistige Eigentum Einzelner zunehmend in den Hintergrund gerät. In vielen Fällen sind es auch weniger die Urheber, sondern die Vermarkter als Inhaber der Nutzungsrechte, die weitgehende Kontrollen und Nutzungseinschränkungen fordern.
Der Kunde in unserem Beispielfall kam übrigens glimpflich davon. Die Parteien schlossen im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln einen Prozessvergleich (Aktenzeichen 6 U 12/07), um den Rechtstreit und eventuelle Folge einvernehmlich zu beenden. Das Urteil des Landgerichtes Köln ist damit gegenstandslos.