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Zum Widerruf von kapitalbildenden Lebensversicherungen

Was ist eine kapitalbildende Lebensversicherung ?

 

Es handelt sich dabei um eine Form der Lebensversicherung, bei der im Todesfall oder nach Ablauf des Vertrags die Versicherungssumme ausgezahlt wird. Sie ist eine Kombination aus einer Risikolebensversicherung mit Leistung im Todesfalle und einem langfristigen Sparvertrag mit verzinster Zahlung nach Laufzeitende. Stirbt der Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Vertrags erhält der Bezugsberechtigte die Versicherungssumme ausgezahlt. Erlebt der Versicherte den Vertragsablauf, wird die über die Laufzeit angesparte Summe an den Versicherungsnehmer oder einem Bezugsberechtigten ausgezahlt.

 Zu den Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung

 Einer falschen Widerspruchsbelehrung kann jederzeit widersprochen werden. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29.07.2015 (Az.: IV ZR 384/14, openJur 2015, 12861) entschieden, dass Versicherungsnehmern von Kapitallebensversicherungen auch noch nach Jahren nach Vertragsabschluss das Widerrufsrecht zustehen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Speziell Lebens- und Rentenversicherungen, die ab 1991 geschlossen wurden, enthalten häufig fehlerhafte Widerspruchsbelehrungen.

Wer im Zeitraum 1991 bis 2007 seine Versicherung abgeschlossen hat, der hat das noch unter dem alten Versicherungsvertragsgesetz getan, heißt: Für diejenigen, die ihren Vertrag zwischen dem 01. Januar 1991 und dem 28. Juli 1994 abgeschlossen haben, galt grundsätzlich eine 10 Tages-Frist, um dem Vertrag zu widersprechen oder vom Vertrag zurückzutreten. Bei Verträgen, die danach abgeschlossen wurde, ergo vom 29. Juli 1994 bis zum 7. Dezember 2004, wurde dem Versicherten ein Widerspruchsrecht von 14 Tagen eingeräumt. Mit der letzten Änderung der Widerspruchs- bzw. Widerrufsfrist am 8. Dezember 2004 beträgt die Frist sogar 30 Tage.

Bei einem erfolgreichen Wider­spruch muss der Versicherer abzüglich der Zahlungen für den erhaltenen Versicherungs­schutz“ alle Einzahlungen inklusive der Abschluss- und Verwaltungs­kosten erstatten. Dazu gehören auch mit den einge­zahlten Beiträgen erwirt­schaftete Zinsen. Der Vorteil liegt aber weniger darin, mit dem Geld eine neue Police zu besseren Konditionen abzuschließen, sondern vielmehr in der alternativen Nutzung des zurückgezahlten Geldes. Im Widerspruchsfall erhält der Versicherte nicht nur die eingezahlten Sparbeiträge sowie Abschluss- und Verwaltungskosten zurückerstattet, sondern als Nutzungsentschädigung zusätzlich noch eine Verzinsung des Sparanteils. Dadurch steht  der betroffene  Versicherte viel besser als bei einer Kündigung der Versicherung da.

Empfehlung Versicherung 1 zu widerrufen 

 Ich kam zu dem Ergebnis, dass die hier verwendete kurze Passage („Dem Abschluß dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang der beigefügten Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“) fehlerhaft ist.

Denn die Belehrung enthält keinen Hinweis auf die Form, in der der Widerspruch zu erklären ist. Ein dahingehender Hinweis war jedoch nach der damals geltenden Gesetzeslage verpflichtend (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2016 – IV ZR 482/14), um dem juristischen Laien Klarheit über die formalen Anforderungen eines Widerspruchs zu verschaffen.

Zudem fehlt eine abschließende Benennung der erforderlichen Unterlagen, die der Versicherungsnehmer erhalten haben muss. Der Versicherer hat aber die Pflicht, die Unterlagen, die den Fristbeginn auslösen, aufzulisten. Ohne eine solche Aufzählung hat der Verbraucher keine Chance zu erkennen, ob seine Vertragsdokumente vollständig sind.

Außerdem suggeriert die Formulierung „ab Zugang der beigefügten Unterlagen“, die Widerspruchsfrist beginne bereits mit dem Tag, an dem er die Vertragsunterlagen erhielt. Dies widerspricht aber der Regelung des § 187 BGB. Diese Vorschrift stellt klar, dass der Tag nicht mitberechnet werden darf, auf welchen das fristauslösende Ereignis fällt. Die Frist kann also erst einen Tag nach dem genannten Datum zu laufen beginnen.

 Empfehlung Versicherung 2 zu widerrufen 

Auch die dort verwendete Belehrung ist fehlerhaft. Zunächst ist verwirrend und unklar und insgesamt irreführend, was genau in diesem Kontext gemeint ist mit: „Das Widerspruchsrecht bezieht sich nicht auf einen besonders beantragten sofortigen Versicherungsschutz“. Es ist nämlich dergestalt, dass diese Formulierung den Verbraucher davon abhalten könnte, vom Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, da der Versicherte verständlicher Weise der Ansicht sein könnte, dass ein Widerspruch nichts ins Leere läuft. 

Es ist auch unklar, was genau mit „alle Vertragsunterlagen“ gemeint ist. Hier hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation gemeint sind.  Diese Formulierung könnte den Versicherungsnehmer davon abhalten, vom Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, da dieser nachvollziehbarer Weise nicht weiß, dass unter „alle Vertragsunterlagen“ der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation zu verstehen ist.

 Empfehlung Versicherung 3 zu widerrufen 

 Ich kam zu dem Ergebnis, dass die hier verwendete Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist.

Die Gestaltung des Druckexemplars war unzureichend. Außerdem wurde zwar erwähnt, dass in  Textform widerrufen werden könne, aber durch den letzten Satz wird suggeriert, man könne nur an die postalische Anschrift den Widerspruch absenden obwohl unter Textform auch Telefax oder Email verstanden wird. 

 Außerdem ist die Widerspruchsbelehrung nicht korrekt hinsichtlich des Fristbeginns.  Die Formulierung „Der Lauf der 30-tägigen Frist beginnt, wenn Ihnen die o.g. Unterlagen….vollständig vorliegen“ suggeriert dem Versicherungsnehmer nämlich, die Widerspruchsfrist beginne schon mit dem Tag, an dem er die Vertragsunterlagen erhalten hat. Dies widerspricht aber § 187 BGB. Diese Vorschrift stellt klar, dass der Tag nicht mitberechnet werden darf, auf den das fristauslösende Ereignis fällt. Die Frist kann also erst einen Tag nach dem genannten Datum zu laufen beginnen

Zum Schluss

Prüfungen der Widerruflichkeit von Lebensversicherungen sind schwierig. Wer mit dem Gedanken spielt, seine Lebensversicherung zu widerrufen, kann uns jederzeit kontaktieren.  

 

 

Autor

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Publikationen:

Veröffentlichungsliste Dr. Schulte am Hülse (PDF)

Auswahl (Sonderdrucke als PDF)

Das Abgreifen von Zugangsdaten zum Online-Banking, in: MMR 7/2016, S. 435-440.

Umfang des Auskunftsanspruches gegen die Schufa-Scorewerte, in: NJW 17/2014, S. 1235-1239

Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, in: NJW 18/2012, S. 1262-1266.

Das Abgreifen von Bankzugangsdaten im Online-Banking, in: MMR, 2010, S. 84-90.

Weitere Sonderdrucke auf Anfrage

ilex Rechtsanwälte – Berlin & Potsdam Yorckstraße 17, 14467 Potsdam Hohenzollerndamm 123, 14199 Berlin

Telefon +49 331 9793750
Telefax +49 331 97937520

E-Mail: schulte@ilex-recht.de
Internet: ilex-bankrecht.de

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